Marco Odermatt – mehr als der hochbegabte Skirennfahrer

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Foto: Keystone-SDA

Marco Odermatt setzte im Alpin-Bereich in der Weltcup-Saison 2023/24 weitere Massstäbe. Der Erfolg des nun dreifachen Gesamtweltcup-Siegers beruht nicht nur auf aussergewöhnlichem Talent.

Der Satz war natürlich nicht ernst gemeint. «Marco Odermatt wird den dritten Gesamtweltcup-Sieg selbst dann holen, wenn er bereits Ende Januar in den Urlaub auf die Malediven fährt.» Marc Girardelli sprachs Ende Dezember, nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Marco Schwarz für den Rest der Saison. Mit dem Österreicher, der sich bei seinem Sturz in der Abfahrt in Bormio das rechte Knie schwer beschädigte, musste sich Odermatts erster Herausforderer in die Zwangspause verabschieden.

Auf den Malediven war Odermatt in den letzten Wochen freilich nicht. Doch so weit daneben lag Girardelli mit seiner als Scherz empfundenen Einschätzung nicht. Das vorzeitige Saisonende von Schwarz war mit Blick auf die grosse Kristallkugel der Beginn von Odermatt als Solist. Ende Januar stand der Nidwaldner zwar rein rechnerisch noch nicht als neuerlicher Gesamtgewinner fest. Seine damals ersten Verfolger Cyprien Sarrazin und Manuel Feller hätten ihren Rückstand allerdings nur in dunkelgrauer Theorie noch wettmachen können.

Der grösste Vorsprung

Hand aufs Herz: Hätte es verwundert, hätte Odermatt auch das noch geschafft, schon im Januar zum dritten Mal als Gewinner der grossen Kristallkugel festzustehen? Er, vor dem keine Bestmarken mehr sicher sind? Er, der weitere Rekorde in diesem Winter purzeln liess. Jenen des grössten Vorsprungs im Gesamtweltcup etwa, den 23 Jahre lang Hermann Maier mit 743 Punkten hielt. Odermatt schloss die Saison 2023/24 mit 874 Zählern Vorsprung auf seinen Teamkollegen Loïc Meillard ab. Mit 13 Saisonsiegen egalisierte er seinen eigenen Rekord, den er gemeinsam mit Ingemar Stenmark, Maier und Marcel Hirscher hält.

Unfassbar! Unwirklich! Ausserirdisch! Attribute, die im Zusammenhang mit Odermatt in letzter Zeit immer wieder bemüht worden sind. 1947 Punkte – ein Wert als logisches Zeugnis neuerlich grossartiger Leistungen am Fliessband, eine Bilanz als Beleg eines aussergewöhnlichen Athleten, der sich auf seiner eigenen Ebene bewegt, den nichts aus der Bahn zu werfen scheint, der selbst unter aussergewöhnlichen Voraussetzungen gewinnt, wie er im Riesenslalom in Schladming mit dem Vorstoss von Rang 11 nach dem ersten Lauf ganz nach vorne bewiesen hat.

Die Geschichte wiederholt sich also. Wie in den Wintern zuvor bleibt das grosse Staunen über einen Fahrer, der nicht nur sein hohes Niveau und seine Konstanz gehalten hat, sondern vielmehr den Eindruck vermittelt, dass er sein Limit immer noch nicht ausgelotet hat, er nach wie vor in der Lage ist, die Grenzen des Machbaren nach oben zu verschieben. Als zweiter Schweizer nach Pirmin Zurbriggen schaffte er es, nicht nur die grosse Kristallkugel für den Gewinn des Gesamtweltcups zu erringen, sondern zusätzlich auch noch drei kleine Kugeln für Platz 1 in den Disziplinen-Wertungen Abfahrt, Super-G und Riesenslalom.

Die bewahrte Natürlichkeit

Odermatt wird seinen Weg als Spitzensportler weitergehen. Er wird das in gewohnter Art tun – als nahbarer, geerdeter junger Mann, der den Erfolg richtig einzuschätzen weiss, dem Siege und Kristallkugeln nicht den Kopf verdreht haben, der seine Arbeit vorab aus Freude an seinem Tun verrichtet. Odermatt hat seine Natürlichkeit bewahrt, das Gekünstelte ist ihm fremd.

Im Winter ist Odermatt selbstredend die Konzentration auf seinen Beruf wichtig. Im chargierten Kalender bleibt ihm auch nichts anderes als zielorientiertes Arbeiten übrig. Die Tage ohne Wettkampf, Training und Reisen sind an einer Hand abzuzählen. Andere Verpflichtungen wie Termine mit Sponsoren müssen warten bis nach der Saison. Ausnahmen werden nur aus besonderem Anlass gemacht.

Der besondere Werbespot

Besonderes gab es im vergangenen Dezember. Odermatt drehte an der Seite von Roger Federer einen Werbespot für Sunrise, den Main Partner von Swiss-Ski und mit Odermatt auch individuell verbandelt. Die Dreharbeiten waren nur dank einem Sondereffort möglich. Das Ganze fand in einem Luxushotel in Andermatt statt – am Morgen des Sonntags der Sport Awards, einen Tag nach Odermatts Sieg im Riesenslalom in Val d'Isère. «Nach der Rückkehr aus Frankreich war Marco vielleicht eine Stunde zuhause», sagt Michael Schiendorfer, seit acht Jahren Odermatts Manager und einer seiner engsten Vertrauten. Der Einsatz ausserhalb der Norm war ein Kraftakt. Odermatt meisterte ihn, weil er für Schiendorfer «in vielen Bereichen ein Ausnahmetalent ist».

Dem Ruf des einstigen Tennis-Maestros folgte Odermatt natürlich noch so gerne. Er betrachtete es als Ehre, mit Federer vor der Kamera zu stehen. Der Clip zeigt aber auch, in welcher Liga sich die Nummer 1 der Alpinen mittlerweile auch ohne Ski und Helm bewegt.

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