«Wenn man grosse Siege errungen hat, will man das wieder erleben»

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Dario Cologna ist der weltweit erfolgreichste Langläufer der Gegenwart. Sein Palmarès zieren neben den je vier Olympiasiegen, Erfolgen im Gesamtweltcup und Triumphen an der Tour de Ski auch drei WM-Medaillen. Ein vierter WM-Podestplatz soll bei den Titelkämpfen in Seefeld (19. Februar bis 3. März) folgen. Hierfür müsse allerdings wie immer alles aufgehen, so Cologna.

Mit dem WM-Ort in Tirol verbindet der 32-jährige Bündner sehr gute Erinnerungen. Wenige Wochen vor dem Gewinn von Olympia-Gold über 15 km in PyeongChang entschied Cologna Ende Januar 2018 in Seefeld die WM-Hauptprobe (15 km Skating mit Massenstart) für sich.

Bereits vor sechs Jahren, im Februar 2013, hast du alle bedeutenden Titel in deinem Sport errungen gehabt. Wie wichtig sind Siege und Medaillen seither noch für dich?

Nach wie vor sehr wichtig. Für mich ist es eine grosse Motivation, wichtige Rennen zu gewinnen und damit der Beste zu sein. Es hat sich nicht wesentlich etwas geändert, seit ich alle Titel, die es zu gewinnen gibt, mindestens einmal gewonnen habe.

Du liefst also nie Gefahr, zwischendurch den nötigen Ehrgeiz zu verlieren?

Bis jetzt habe ich noch immer Freude an dem, was ich tue. Klar muss man sich aber immer wieder von Neuem motivieren; der Aufwand, um an der Weltspitze mitmischen zu können, ist gross. In den Jahren 2016 und 2017, als es mir nicht nach Wunsch gelaufen war, war er noch höher. Aber die Motivation war stets da, die grossen Erfolge noch einmal zu erreichen.

Welches war dein bislang grösster Sieg?

Die Olympiasiege stechen von allen Erfolgen schon etwas heraus – aufgrund der Vorgeschichte insbesondere jener im Skiathlon in Sotschi. Es war ja damals nach meiner Fussverletzung ein Wettlauf gegen die Zeit. Letztlich ging alles so perfekt auf, weshalb jener Sieg der emotionalste Moment in meiner Karriere war.

Deine erste Olympia-Goldmedaille hast du mit knapp 24 Jahren gewonnen. Hat dich jener Erfolg gelassener gemacht – oder hast du dich damit noch mehr unter Druck gesetzt?

Das ist schwierig zu sagen. Wenn man solch einen Sieg errungen hat, dann will man das wieder erleben. Jener Erfolg 2010 in Vancouver war auf jeden Fall wichtig fürs Selbstvertrauen. Ich hatte von da an die Gewissheit und Bestätigung, dass ich bei einem Grossanlass reüssieren kann.

Aufgrund verschiedener Verletzungen lagen zwischenzeitlich fast drei Jahre zwischen deinem 21. und 22. Weltcupsieg. Aussenstehende zweifelten, ob du es jemals wieder an die Spitze schaffst. Inwiefern hat dich diese Periode geprägt? Welche Erkenntnisse für deine weitere Karriere hast du damals gewonnen?

Ich selbst habe jene Phase nie als so schlimm empfunden. Ich wusste, dass ich nie weit weg war von der Spitze. Zweimal konnte ich wegen Verletzungen die Saison nicht ganz durchziehen. Letztlich wird man immer mit dem verglichen, was man schon erreicht hat. Die Ansprüche von aussen waren und sind hoch, ein 4. oder 5. Platz ist nicht mehr viel wert. Da hat man schon gesehen, wie schnell es geht. Es war auf jeden Fall ein spannender Prozess, das durchzumachen und darüber nachzudenken, was man ändern und besser machen kann. Wenn es dann später so aufgeht wie bei mir in der letzten Saison, ist es umso schöner.

Siehst du deine Leistungen in der Schweizer Öffentlichkeit angemessen gewürdigt?

Grundsätzlich schon, ja. Aber der Sport ist einfach extrem schnelllebig. Man wird ständig an den grössten Erfolgen gemessen. In der Schweiz haben andere Sportarten wie Ski Alpin einen grösseren Stellenwert als Langlauf, aber darunter leide ich nicht. Fakt ist, dass es mehr Schweizer Skifahrer als Langläufer gibt, die im Weltcup regelmässig Topklassierungen realisieren. Im Langlauf liegt der Fokus mehr auf meiner Person – in guten wie in schlechten Phasen.

In Seefeld nimmst du nun zum sechsten Mal an Weltmeisterschaften teil. Welches ist dein bislang schönstes WM-Erlebnis?

Der Sieg 2013 im Skiathlon. Jene WM im Val di Fiemme war für mich die schönste. Ich hatte damals eine super Form, zudem gab es viele Schweizer Fans an der Strecke. Das Val di Fiemme ist grundsätzlich ein gutes Pflaster für mich (Cologna gewann hier neben je einmal WM-Gold und WM-Silber auch viermal die Tour de Ski). Rein von der Atmosphäre her war auch die WM zwei Jahre zuvor in Oslo speziell, allerdings lief es für uns Schweizer damals sportlich schlecht. Ich bin überzeugt, dass auch in Seefeld die Stimmung hervorragend sein wird und wir von vielen Schweizer Fans unterstützt werden.

Verspürst du nach mehr als einem Jahrzehnt als Profi-Langläufer noch Nervosität vor dem Start? Oder nur noch vor ganz grossen Rennen an Titelkämpfen?

Eine gewisse Anspannung ist immer da, denn man weiss ja nie genau, was letztlich auf einen zukommt. Wenn man jedoch spürt und weiss, dass man fit ist, macht dies vor dem Start gelassener. Bei einem Rennen mit Einzelstart muss man jeweils sofort parat sein, bei Massenstartrennen hat man etwas Zeit, um in den Wettkampf reinzukommen. Massenstartrennen mag ich etwas lieber, sie ermöglichen mehr taktische Spielräume. Wobei: Drei meiner vier Olympiasiege habe ich in Rennen mit Einzelstarts errungen …

Angenommen, du könntest diese Saison mit einer weiteren Goldmedaille an den Weltmeisterschaften in Seefeld krönen. Könnte es sein, dass du dich dann dazu entscheidest, deine Karriere zu beenden?

Grundsätzlich wäre es dann natürlich kein schlechter Zeitpunkt. Aber ich mache diesen Entscheid nicht von den Resultaten in Seefeld abhängig. Nach dieser WM-Saison werde ich mir so oder so Gedanken darüber machen, wie es weitergeht. Wenn die Freude und Motivation weiterhin da sind, werde ich die Karriere fortsetzen.

Welche Pläne hast du für die Zeit nach deinem Karriereende? Bleibst du dem Langlaufsport in einer bestimmten Funktion erhalten?

Noch weiss ich nicht genau, in welche Richtung es gehen soll. Es ist auch nicht gesagt, dass es zunächst zwingend etwas im Bereich Sport sein muss. In irgendeiner Form einen Bezug zum Langlauf werde ich jedoch immer haben.