«In unserem Job brauchst du ein dickes Fell»

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Sein Name ist Programm: Roger Wachs ist Servicemann bei Swiss-Ski und wachst die Ski von Cologna und Co. Sein Job besteht aber nicht nur aus Präparieren, der 45-Jährige ist auch Handwerker, Sozialarbeiter und Prellbock.

Für rund 110 Tage im Jahr ist der Swiss-Ski Wachstruck das «Zuhause» von Roger Wachs. Der Chef des Schweizer Serviceteams ist während fünf Monaten mit dem Langlaufteam unterwegs. Er läuft Kilometer um Kilometer auf der Loipe, um Ski zu testen und steht an der Werkbank, wachst, schleift und reinigt Ski – Paar für Paar. Vor Saisonbeginn haben er und sein Team 850 Paar Ski geschliffen. Durch seine Arbeit trägt er massgeblich zum Erfolg der Athletinnen und Athleten bei. «Das Schönste für mich ist, wenn an einem Wettkampf nicht nur ein einzelner, sondern die Mannschaft erfolgreich ist.» Denn dann weiss er: «Wir haben etwas richtiggemacht.» Als grösste Erfolge wertet Wachs die Olympischen Winterspiele in Vancouver, als Dario Cologna die Goldmedaille gewann und drei weitere Schweizer in die Top 20 gelaufen sind. Aber auch ein Weltcuprennen in Davos, als die Schweizer vier Ränge in den Top 10 belegten, gehört zu seinen Highlights. Sind die Leistungen der Schweizer Langläufer jedoch bescheiden, fällt auch das auf das Serviceteam zurück. Dann kann es schon einmal vorkommen, dass ein Athlet seinen Frust an den stillen Schaffern im Hintergrund auslässt. «In unserem Job brauchst du ein dickes Fell», sagt Roger Wachs lachend. In Momenten der Niederlage ist Fingerspitzengefühl gefragt. Nicht mit jedem kann gleich umgegangen werden.

Ein Servicemann braucht nicht nur handwerkliches Geschick, sondern auch Sozialkompetenz.

Roger Wachs

Materialtechnisch sind nur noch Mikroschritte möglich
Roger Wachs ist seit zwölf Jahren bei Swiss-Ski angestellt. Anfangs war er Assistenztrainer bei den Junioren, bis das Serviceteam geschlossen zurücktrat und sich für ihn eine neue Herausforderung ergab. Als Läufer im Regionalkader und Skiwachser im Continental Cup besass er das nötige Know-how. Der gelernte Möbelschreiner arbeitet gern mit den Händen und es befriedigt ihn, wenn er nach getaner Arbeit ein Produkt vor sich hat. Materialien interessieren ihn, er schaut gern links und rechts, was die Industrie Neues zu bieten hat. Es reicht jedoch nicht, sich als Servicemann nur auf die Wachsindustrie zu beschränken. «Seit 30 Jahren wird mit demselben Belagsmaterial gearbeitet: Polyethylen», erklärt der Profi. Der Grundstoff wird mal mit Russ, mal mit Fluorgraphit gemischt, bleibt aber im Grossen und Ganzen gleich. «Das Material ist auf dem Level ausgeschöpft, es sind nur noch Mikroschritte möglich.» Auch in der Schleiferei muss nach neuen Wegen gesucht werden. Auf die Frage, was sich in den letzten zehn Jahren im Servicebereich verändert hat, antwortet Roger Wachs: «Hauptsächlich sind wir mehr Leute. Im Vergleich zu meinen Anfängen wurde das Team von vier auf acht Personen verdoppelt. Man überlässt nichts mehr dem Zufall. Früher ging es um Minuten, heute sind es Sekunden.»

Wachs zählt sich zu den Schaffern, weniger zu den Läufern
Wer denkt, dass Servicemann ein Winterjob ist, irrt. Kaum geht die Saison im Frühling zu Ende, bespricht das Serviceteam mit jedem Athleten sein individuelles Skisortiment: Wo war gutes Material vorhanden, bei welchen Bedingungen fehlte dem Athlet ein guter Ski? Weil die Wettkampfski nur geliehen sind, gehen sie – sofern kein Bedarf mehr besteht – an die Firmen zurück. Ende April bestellt Roger Wachs die neuen Ski, welche dann nach Eintreffen abgezogen, geschliffen und vermessen werden.

Um ein Wettkampfski für den Winter vorzubereiten, brauchen wir gut eine Stunde, wobei die typische Tätigkeit des Wachseinbügelns lediglich die letzten zehn Minuten einnimmt.

Roger Wachs, Servicemann

Während des Sommers stehen die Serviceleute mit den Athleten auf Schnee, testen Wettkampfski, bereiten Testski vor und trainieren nicht zuletzt auch selber. Denn um das täglich Testprogramm vor und an den Wettkämpfen zu bestehen, müssen sie körperlich fit sein. 30 Kilometer pro Tag sind da keine Seltenheit. Roger Wachs bezeichnet sich zwar als fit, mit seinen bald 45 Jahren gehört er aber nicht mehr primär zu den Läufern, sondern zu den Schaffern, wie sich die Serviceleute intern aufteilen.

Schuster bleib bei deinem Leisten
Im Herbst werden die neu erhaltenen Ski auf das spezifische Gewicht der Athleten ausgemessen, um zum Beispiel die Steigwachszone optimal bestimmen zu können. Und dann werden die Einsätze für den Winter geplant. Diese Saison liegt das Hauptaugenmerk auf Olympia. «Wir achten darauf, die Serviceleute so einzuteilen, dass sie an den Olympischen Spielen nicht schon auf dem Zahnfleisch laufen.» Das heisst, alle, die mitreisen, sollten vorher noch ein Wochenende zuhause verbringen können. Roger Wachs reiste vor einem Jahr nach PyeongChang, um zu rekognoszieren. «Der Schnee ist speziell, ganz fein. Es wird nicht einfach», so der Fachmann. Doch für ihn und sein Team gilt: Schuster bleib bei deinem Leisten.

Wir sind durchstrukturiert und weichen auch vor Grossanlässen nicht von unseren Grundsätzen ab.

Roger Wachs

Seit einem Monat ist der Wachstruck wieder on tour und mit ihm Roger Wachs. Wie lange der Chef des Schweizer Serviceteams noch mit on board ist, lässt er offen. Genau wie, was er allenfalls danach machen würde. Sicher ist, dass er nicht in ein ausländisches Team wechselt. «Dafür habe ich zu viel Nationalstolz», meint Roger Wachs. Für ihn heisst es weiterhin: Hopp Schwiiz!

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