Aerials-Weltcup in St. Moritz: «Mit dieser Ausgangslage darf man durchaus mit einem Podestplatz rechnen»

Zurück

Zum ersten Mal seit 15 Jahren springen die Aerials-Athletinnen und -Athleten am Sonntag wieder auf heimischen Boden im Weltcup. Und das Schweizer Team reist mit dem frischgebackenen Weltmeister Noé Roth nach St. Moritz – der Zeitpunkt damit: perfekt. Oder? Renato Ulrich, TV-Experte beim SRF, erklärt, inwiefern sich die Ausgangslage für Roth nun ändert, worauf sich das Schweizer Team beim Heim-Wettkampf freuen kann – und weshalb er einen Podestplatz für durchaus realistisch hält.

15 Jahre ist es her, seit die Fans auf Schweizer Boden einen Aerials-Weltcup besuchen und bestaunen konnten. Nun endlich ist es wieder so weit: Am Sonntag, 5. März 2023, geht es für das Schweizer Team zuhause in St. Moritz um Punkte, Podestplätze und den Plausch am Wettkampf.

Mit dabei für das Schweizer Team ist neben Alexandra Bär, Nicolas Gygax, Andrin Schädler und Pirmin Werner auch der frischgebackene Weltmeister Noé Roth. Vor Wochenfrist konnte sich der Zuger in Bakuriani zum besten Aerials-Athleten der Welt küren. Nun reist der Gesamtweltcup-Sieger von 2019/20 erstmals auch als WM-Sieger an einen Weltcup. Was ändert sich damit für ihn?

Antworten liefert Renato Ulrich, ehemaliger Aerials-Athlet und heutiger TV-Experte der Sportart bei SRF. Im Interview erklärt er, welche Änderungen sich bei einem Heim-Weltcup fürs Team ergeben und wie er die Chancen auf Spitzenplätze einschätzt.

Renato, 2008 fand der letzte Aerials-Weltcup auf Schweizer Boden an – und du warst dabei. Welche Erinnerungen hast du an den Wettkampf in Davos-Parsenn, bei dem du Fünfter geworden bist?
Renato Ulrich: Der Wettkampf hat an der Bolgenschanze stattgefunden. Ich erinnere mich vor allem an die Fans, die zahlreich erschienen sind, weil die Schanze so einfach zu erreichen war. Welchen Rang ich geholt habe, hätte ich allerdings nicht mehr aus dem Stegreif gewusst.

Was ist anders, wenn man auf heimischem Boden springen darf?
Du hast Freunde und Familie vor Ort, das ist sehr cool. Des Weiteren betreiben wir eine Sportart, die man sonst nicht so gut kennt. Daher ist es toll, durch den Wettkampf zuhause präsent zu sein in den Medien. Und auch die Fans haben einen Vorteil: Meistens finden die Aerials-Wettkämpfe weit weg statt, sodass man gar keine Chance hat, einen Wettkampf live verfolgen zu können – auch wenn es sich um eine Sportart handelt, in der die Schweiz durchaus erfolgreich ist. Der Heim-Weltcup ermöglicht deshalb einem breiten Publikum, dabei zu sein, sowie auch kleinen Fanclubs und Unterstützerinnen und Unterstützern, endlich mal vor Ort zuschauen zu können.

Was ändert sich konkret für die Athletinnen und Athleten?
Es motiviert dich zusätzlich, wenn du dein Können vor Heimpublikum zeigen kannst. Du willst nicht schwächeln – alles ist irgendwie näher und direkter, als wenn du auf einem anderen Kontinent in einer anderen Zeitzone einen Wettkampf bestreitest. Ich glaube schon, dass das zusätzliche Motivation liefert. Zumal es ein cooler Zeitpunkt ist, zehn Tage nach der WM nun in der Schweiz zu springen.

Du sprichst es an – der Weltcup in St. Moritz ist der erste nach den Weltmeisterschaften, womit er auch sportlich sehr interessant wird. Wie schafft man es als Athlet, auch für den Saison-Endspurt die Spannung und die Motivation hochzuhalten?
Ich glaube nicht, dass das Schweizer Team damit Probleme hat. Noé will zeigen, dass er nicht unverdient Weltmeister geworden ist. Für die anderen ist es eine gute Gelegenheit, Revanche zu nehmen für die nicht ganz geglückte Weltmeisterschaft. Zudem ist es der erste Heim-Wettkampf seit Jahren, also möchten sich alle umso mehr in Szene setzen. Ausserdem geht es auch noch um den Gesamtweltcup. Dort führt Noé derzeit mit 20 Punkten Vorsprung, er hat also sicher Interesse, ein gutes Resultat zu machen. Und auch Pirmin kann sich noch unter den Top 3 des Gesamtweltcups klassieren, ebenso wie Andrin und Nicolas die Chance haben, unter die besten 10 zu kommen und sich damit gemäss den aktuellen Selektionsrichtlinien erneut oder erstmals für das Nationalkader zu empfehlen. Und etwas langfristiger gedacht, ist es für alle Athletinnen und Athleten auch das erste Springen auf dem Weg an die nächsten Weltmeisterschaften 2025, die zuhause in St. Moritz stattfinden werden.

Noé Roth kehrt als Weltmeister auf die Weltcup-Bühne zurück. Was ändert das an seiner Ausgangslage für den Heim-Weltcup?
Wie ich ihn kenne, wird das nicht gross etwas ändern für ihn. Er ist meistens ziemlich locker drauf, was mir Michel Roth auch erzählt. Vielleicht interessieren sich etwas mehr Journalistinnen und Journalisten für ihn, wodurch sich die Wettkampfvorbereitung anders gestaltet, zumal auch das SRF vor Ort ist – und der Ort eben zuhause ist.

Langfristiger gedacht, ist es für alle Athletinnen und Athleten auch das erste Springen auf dem Weg an die nächsten Weltmeisterschaften 2025, die zuhause in St. Moritz stattfinden werden.

 

Welche Erfolge des Schweizer Teams auf heimischem Boden schätzt du als realistisch ein?
Wir haben vier Schweizer, die im Gesamtweltcup unter den besten elf sind und regelmässig ins Finale kommen. Das Ziel ist sicher, dass sich so viele wie möglich qualifizieren, aber bei Pirmin oder Noé rechne ich schon mit einem Podestplatz – mit dieser Ausgangslage darf man das durchaus.

In St. Moritz steht zum ersten Mal ein Weltcup an. Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch?
Der Weltcup findet an einem Ort statt, an dem noch niemand gesprungen ist, was das Ganze nicht ganz einfach macht. Doch in Georgien an der WM war auch noch niemand gesprungen. Es ist sicher eine Umstellung: Es ist ein anderer Ort, man kennt den Wind nicht. Das sind Sachen, die man im Training in den Griff kriegen kann, aber auch solche, die reinspielen können, an die man sich gewöhnen muss. Die meisten Orte, an denen sonst gesprungen wird, kennen die Athletinnen und Athleten schon.

Das spricht in dem Fall gar nicht gegen Noé Roth, oder?
Überhaupt nicht, nein. Noé kann sich sehr schnell anpassen.

Du bist TV-Experte beim SRF. Inwiefern ist es schwieriger, die Sprünge der Schweizer zu kommentieren?
Ich glaube nicht, dass es schwieriger ist, du musst immer objektiv bleiben. Klar, leidet man etwas mehr mit, aber deswegen habe ich bei allen den gleichen Ansatz und schaue dieselben Sachen an. Vielleicht bin ich bei den Schweizerinnen und Schweizern gar noch etwas kritischer, weil ich sie nicht ständig in den Himmel loben will. Darauf muss ich eher aufpassen.

Aufgebot Swiss Aerials Team

Folgende Athleten und folgende Athletin gehen in St. Moritz für das Swiss Aerials Team an den Start.

Frauen: Alexandra Bär
Männer: Nicolas Gygax, Noé Roth, Andrin Schädler, Pirmin Werner

Links

Aerials-Wettkampf live mitverfolgen

  • Vor Ort: Wettkampf der besten Aerials-Athletinnen und -Athleten im Zielgelände Salastrains kostenlos mitverfolgen. Alle Informationen hier.
  • Im TV: Sonntag, 5.3., ab 14.00 Uhr live auf SRF 2
  • Im Web: Live im Stream auf swiss-ski.ch

Ähnliche News

  • 7.2.2023 | 09:41
    Aerials-Weltcup in St. Moritz: Zuhause hoch hinaus