Die Biathlon-Rundumförderer

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Carola und Michael Hartweg haben entscheidend dazu beigetragen, die Sportart Biathlon in der Schweiz in eine nächste Dimension zu führen. Die Weltcup-Premiere in Lenzerheide wäre ohne sie kaum vorstellbar.

Es hat das Engagement und den Enthusiasmus einiger Unermüdlicher gebraucht, um den Schweizer Biathlonsport in rund zwei Jahrzehnten zuerst vom Totenbett zu neuem Leben zu erwecken und dann Schritt für Schritt auf das heutige Niveau zu bringen. Erinnert sei beispielsweise an Markus Regli, von der Integration der Sportart in die Swiss-Ski-Familie 2004/05 bis im Frühling 2018 Disziplinenchef im Ehrenamt. In der Ära Regli verzehnfachte der Verband das zu Beginn mickrige Biathlon-Budget auf 1,8 Millionen Franken.

Aber dass vom 14. bis 17. Dezember in Lenzerheide erstmals IBU-Weltcup-Wettkämpfe in der Schweiz stattfinden werden, ist grösstenteils Michael und Carola Hartweg zu verdanken. Das Ehepaar hat in den letzten zehn Jahren einen zweistelligen Millionenbetrag in die Förderung des Schweizer Biathlons investiert. Die These, dass es ohne ihren immensen finanziellen und zeitlichen Einsatz, ohne ihre flammende Passion für diesen Sport bis heute keine Anlage auf Weltcup-Niveau gäbe hierzulande, ist alles andere als steil.

Sie machten das neue Herzstück möglich

Michael Hartweg gehörte 2007 zu den vier Gründern von Leonteq – und wurde mit der Fintech-Firma vermögend. Leonteq unterstützte den Bau der 2013 eröffneten Biathlon Arena Lenzerheide, damals bestehend aus einem Schiesstand, einem Betriebsgebäude und einer Rollskibahn. Damit stand zwar die schweizweit erste Anlage für internationale Wettkämpfe. Aber ein Heim-Weltcup war noch in weiter Ferne. Es brauchte ein zweites Ausbauprojekt. Doch die Finanzierung stockte.

«Wir waren als Fans an den Schweizer Meisterschaften in Ulrichen, als uns der Swiss-Ski-Nachwuchschef Hartwig Birrer davon erzählte», erinnert sich Michael Hartweg (50). Als Fans deshalb, weil zwei ihrer drei Kinder Gefallen gefunden hatten am Zweikampf aus Langlaufen und Schiessen: Julia und Niklas, der heutige Weltklasse-Biathlet. Drei Jahre nach der Biathlon Arena Lenzerheide wurde Ende 2016 das Nordic House eröffnet, das neue Herzstück, hauptsächlich finanziert von den Hartwegs.

Bevor sie entschieden, massiv in die Sportart zu investieren, hatten Carola und Michael Hartweg gesehen, wie Biathlon in ihrer alten Heimat Deutschland boomte. «Wir waren stets der Überzeugung, dass die Schweiz mit der grossen Affinität für den Schiesssport, Langlauf und Wintersport allgemein eine Biathlon-Nation ist, ohne es zu wissen», sagt Michael Hartweg. Dem Ehepaar ging es von Beginn an um eine ganzheitliche Förderung. Schon Leonteq – Michael Hartweg stieg vor acht Jahren aus der Firma aus – hatte sich auch im Nachwuchsbereich oder als Namenssponsor der nationalen Wettkampfserie engagiert.

Ein Stützpunkt und ein Zügelprojekt

Und so gaben sich die Hartwegs auch nicht damit zufrieden, dass Lenzerheide – oder genau genommen die Gemeinde Lantsch/Lenz – dank ihrem Einstieg über eine topmoderne Infrastruktur verfügte. «Was wäre eine Anlage ohne Athletinnen und Athleten?», fragt Carola Hartweg (49). Sie und ihr Mann wollten einen echten Stützpunkt aufbauen.

2015 gründeten Carola Hartweg und Ivan Lechthaler den Biathlon Stützpunkt Ostschweiz (BSO) für den Nachwuchs aus den fünf Regionalverbänden Bündner Skiverband, Ostschweizer Skiverband, Skiverband Sarganserland-Walensee, Zürcher Schneesportverband und TiSki sowie des Sportgymnasiums Davos. Carola Hartweg ist bis heute Präsidentin dieser Talentschmiede, die neben ihrem Sohn Niklas auch Sebastian Stalder, Amy Baserga oder Lea Meier hervorgebracht hat. Der Stützpunkt schloss die Lücke zwischen den Skiclubs, die Biathlon im Angebot haben, und den Swiss-Ski-Kadern.

2016 zügelten Selina, Elisa und Aita Gasparin nach Lenzerheide. Daheim im Engadin waren die Trainingsbedingungen unbefriedigend, den gemeinsamen Privatcoach konnten sich die drei Schwestern nicht länger leisten. Die Hartwegs unterstützten die Gasparins bei der Haus- und Wohnungssuche. Mittlerweile wohnt die Mehrheit des Weltcup-Teams ganz in der Nähe der Arena.

Ein nächster grosser Schritt im Bemühen der Hartwegs, die Bedingungen für die Schweizer Athletinnen und Athleten umfassend zu verbessern, war die Gründung der Stiftung Mission Biathlon im Jahr 2017. «Wir sahen, wie gerade die Konkurrenz in unseren Nachbarländern von unzähligen Staatsstellen für Sportler und Trainer profitiert – und wollten etwas unternehmen, um diesen Nachteil zu verkleinern», sagt Carola Hartweg. Die Stiftung unterstützt aber nicht nur Schweizer Biathletinnen und Biathleten direkt, sondern finanziert auch Projekte, die einer optimierten Betreuung dienen.

«Wir waren baff»

Das Leuchtturmprojekt ihrer Vision war immer, Lenzerheide (und damit die Schweiz) auch im Biathlon zu einer Weltcup-Station zu machen. Dafür musste man sich hochdienen, doch den Hartwegs und ihrer Crew gelang es, die Ochsentour in rekordverdächtigem Tempo zurückzulegen. 2020 wurde zum Jahr des grossen Durchbruchs. Im Januar fanden in Lenzerheide Nachwuchs-Weltmeisterschaften statt, die höchsten Ansprüchen genügten. «Bei einem Nachtessen mit dem Vorstand des Weltverbandes IBU sagte man zu Urs Lehmann und mir, wir sollen uns doch für die WM 2025 bewerben», erzählt Michael Hartweg. «Wir waren baff, aber als man uns die Situation mit all den Fragezeichen rund um den Bewerber Weissrussland erklärte, war Urs und mir klar, dass wir diese Chance packen mussten.» Im November des gleichen Jahres erhielt die Lenzerheide die WM 2025 zugesprochen, im Februar 2021 folgte die Aufnahme in den Weltcup-Kalender der Saison 2023/24.

Per 1. Mai 2022 verkauften Carola und Michael Hartweg die mittlerweile in Roland Arena umbenannte Anlage an Swiss-Ski. Obwohl sich Michael Hartweg vor kurzem auch aus dem Verwaltungsrat der Arena zurückgezogen hat, ist kein Ende ihres Engagements in Sicht. «Der Schweizer Biathlonsport wird für uns noch lange eine Herzensangelegenheit bleiben», sagt Michael Hartweg. «Wir hoffen, mit dem BSO und unserer Stiftung noch zu manchem Entwicklungsschritt beitragen zu können.»

Zuerst werden sie jetzt aber die grosse Premiere in vollen Zügen geniessen. Es wird ein Heim-Weltcup im engeren Sinn, denn in ihrem Zweitdomizil in der Ferienregion Lenzerheide fühlen sich Carola und Michael Hartweg längst mindestens so sehr zu Hause wie in ihrem Wohnort Wollerau.


Stiftung Mission Biathlon

Mit ihrer Stiftung Mission Biathlon verfolgen Michael und Carola Hartweg das Ziel, den Schweizer Biathlonsport in all seinen Facetten zu fördern. Unterstützt werden insbesondere die Infrastruktur und der Betrieb der Biathlon Arena Lenzerheide (Roland Arena) in Lantsch/Lenz sowie Schweizer Biathletinnen und Biathleten, speziell der Nachwuchs des Biathlon Stützpunkt Ostschweiz (BSO). Die Stiftung wird noch von vielen anderen Gönnerinnen und Gönnern alimentiert. Dabei sein kann man ab einem Jahresbeitrag von 200 Franken. Weitere Informationen auf der Website www.stiftungmissionbiathlon.ch.