Im Gespräch mit... H.P. Birchler, Disziplinenchef Telemark

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Seit über 20 Jahren fester Bestandteil des Swiss Telemark Team: H.P. Birchler, Disziplinenchef Telemark.

In der Interviewreihe «Im Gespräch mit …» kommen die Mitglieder des Swiss Telemark Team zu Wort, die meist im Hintergrund arbeiten - die Trainer, Physiotherapeuten und weitere Schlüsselpersonen, deren unermüdliche Arbeit und Hingabe dazu beitragen, die Schweizer Telemark-Athlet:innen zu Weltklasseleistungen zu führen. Nach Simone Oehrli, Trainerin im Swiss Telemark Team, und Cheftrainer Julien Annequin ist die Reihe an Hans-Peter «H.P.» Birchler, seines Zeichens Disziplinenchef Telemark bei Swiss-Ski.

Der Zuger hat das Swiss Telemark Team vor mehr als 20 Jahren als Trainer aufgebaut und an die Weltspitze geführt; er ist also massgeblich verantwortlich dafür, dass die Schweiz im Telemark-Sport unangefochtene Nummer 1 ist. Seit 2006 ist Birchler zudem Mitglied im Telemark-Komitee beim Internationalen Skiverband FIS.

Wie bist du zum Telemark-Sport gekommen?
H.P. Birchler: Vor vielen Jahren suchte ich nach einer neuen Herausforderung neben dem Skifahren. Snowboard konnte mich nicht sofort begeistern, dafür hat mich Telemark inspiriert. Ich war sofort fasziniert von dieser anspruchsvollen und eleganten Sportart, die die Freiheit der Ferse zelebriert.

Was beeindruckt dich am meisten im Telemark-Sport bzw. bei den Schweizer Telemark-Athletinnen und -Athleten?
Telemark ist definitiv nichts für «Warmduscher» und deshalb eine Nischensportart. Hinzukommt, dass die Athlet:innen reine Amateure sind. Zu sehen, wieviel Herzblut und persönliches Engagement sie in ihren Sport stecken, beeindruckt mich immer wieder.

Wie sieht die Arbeit als Disziplinenchef aus, welche typischen Aufgaben gehören zu deinem Verantwortungsbereich?
Als Disziplinenchef ist es meine Aufgabe, optimale Bedingungen für die Athlet:innen und das Trainerteam zu schaffen. Dazu gehören umfangreiche Planungs- und Organisationsaufgaben, das Netzwerken, die Finanzplanung und -überwachung sowie der Auf- und Ausbau von Schnittstellen zu verschiedenen Institutionen wie beispielsweise Swiss-Ski, Swiss Olympic, Baspo, Swiss Snowsports, Regionalverbände, Internationaler Skiverband FIS, Ausrüster, Sponsoren usw.

Was sind deine Ziele für die kommende Saison?
Nachdem wir bereits zweimal die Weltmeisterschaften in der Schweiz ausrichten konnten, steht unser Team vor einem Umbruch, da mit Amélie Wenger-Reymond, Beatrice Zimmermann, Stefan Matter, Gaëtan Procureur und nicht zuletzt Bastien Dayer gleich fünf erfolgreiche Athlet:innen und wichtige Teamstützen zurückgetreten sind. Dennoch bleiben unsere Ziele unverändert: Wir streben viele Podestplatzierungen an.

Und was wünschst du dir für den Telemark-Sport in der Schweiz?
Ich hoffe auf mehr Medienpräsenz, die dazu führt, dass sich mehr Junge für Telemark begeistern. Es lohnt sich, von diesem "Virus" infiziert zu werden!

Der Telemark-Sport hat trotz aller Erfolge innerhalb von Swiss-Ski nicht den Stellenwert wie andere olympische Disziplinen, zum Beispiel Ski Alpin oder Snowboard. Wie geht ihr als Team damit um, und welche Herausforderungen seht ihr dabei?
Persönlich habe ich mich nach all den Jahren daran gewöhnt, kämpfe aber weiterhin dafür, den Stellenwert innerhalb der Institutionen zu verbessern. Telemark könnte auch für Athlet:innen interessant sein, deren Karriere in einer anderen Schneesportdisziplin frühzeitig endet. Ein Umstieg zu Telemark hat bereits bei einigen zu Titelgewinnen geführt, ich denke da namentlich an Martina Wyss, die ihre Karriere im Ski Alpin begonnen hatte. Hier sehe ich ein grosses, bisher zu wenig beachtetes Potenzial, das von den Trainern und Betreuern stärker gefördert werden sollte.

Du sprichst hier vom disziplinenübergreifenden Austausch…
Genau das meine ich. In den vergangenen Jahren hat in dieser Hinsicht bereits ein gewisses Umdenken stattgefunden. So wird zumindest im Rahmen der Trainerausbildung- und Trainerweiterbildung bereits disziplinenübergreifend gearbeitet. Auf dem Schnee hingegen findet der disziplinenübergreifende Austausch meiner Meinung nach noch zu wenig statt; da schaut jeder Trainer resp. jede Trainerin in erster Linie zu seiner resp. ihrer eigenen Sportart. Das ist nachvollziehbar, es geht ja darum, das Beste für seine Schützlinge und seine Disziplin herauszuholen. Aber für das Gesamtschneesportsystem ist das suboptimal, da müssen wir Trainer:innen uns mehr an der Nase nehmen und vielleicht auch mal über den Tellerrand blicken, sprich über den eigenen Fachbereich hinausschauen, zum Wohle der Entwicklung der Athlet:innen wie der Entwicklung der einzelnen Sportarten von Swiss-Ski.


 

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