«Andere sind schlimmer dran»

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Swiss-Ski (sda)

Die Freestyle-Sektion von Swiss-Ski hatte sich vor Saisonbeginn auf einen ereignisreichen März mit mehreren Höhepunkten in der Heimat eingestellt. Für die Snowboard- und Skicrosser wie auch die Freeskier (Big Air und Slopestyle) hätte die Weltcup-Saison mit Events in der Schweiz enden sollen. Aufgrund des Coronavirus kam fast alles anders: Nachdem das Saisonfinale der Snowboardcrosser am letzten Freitag in Veysonnaz noch hatte stattfinden können, blieben die Starttore für die Skicrosser tags darauf bereits geschlossen. Auch der letzte Weltcup der Freeskier in Silvaplana fiel dem grassierenden Virus zum Opfer.

Ereignisreich war der März für Sacha Giger, Direktor Ski Freestyle, Snowboard und Telemark bei Swiss-Ski, und sein Team auch ohne die geplanten Kulminationspunkte in der Heimat. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sprach Giger über die hektischen Tage, Schlupflöcher und die Vorbildfunktion von Swiss-Ski.

Sacha Giger, können Sie uns mit auf Ihre Reise durch die letzte Woche nehmen?

Es war eine schwierige letzte Woche, die aber für niemanden einfach war. Ich war die letzten Tage oft am Telefon, zwei bis drei Telefonkonferenzen täglich. Es ging darum, Entwicklungen abzuwägen und zu entscheiden, was noch Sinn machte. Dabei änderte auch die eigene Wahrnehmung jeweils sehr schnell.

Wie meinen Sie das?

Nehmen wir als Beispiel das Saisonfinale in Veysonnaz. Am Freitag war es noch in Ordnung, den Wettkampf der Snowboardcrosser durchzuführen, die Skicrosser konnten wir am Samstag am selben Ort nicht mehr starten lassen. Was an einem Tag noch undenkbar scheint, ist am nächsten Tag plötzlich nachvollziehbar.

Was bedeuten die Absagen von Veysonnaz und Silvaplana für Sie und Swiss-Ski?

Sportlich ist es natürlich wahnsinnig schade. Aber ich denke nicht, dass durch die Absagen Wettkämpfe verfälscht wurden. Der Grossteil der Saison war ja schon absolviert, also haben nicht die 'falschen' Athleten in den Disziplinen triumphiert. Wir wollten zu keiner Zeit sportlich verfälschte Wettbewerbe auf Weltcupstufe durchführen, das entspricht nicht unserem Anspruch von Weltklasse. Vor allem für die Nachwuchsfahrer, deren Saisonhighlights erst noch gekommen wären, ist der Abbruch aber natürlich bitter.

Wie sieht es mit dem finanziellen Schaden aus?

Wir haben hier noch nicht alle Details. Es sieht aber so aus, als würde Swiss-Ski im Moment kein grosser finanzieller Schaden entstehen. Natürlich hatten wir Extraaufwendungen, die etwa durch die Rückführung sämtlicher Athleten und Trainer entstanden. Andererseits haben wir aber gewisse Reisen nicht mehr antreten müssen. Was für langfristige Auswirkungen es mit sich bringen wird, können wir noch nicht abschätzen. Andere sind aber sicher schlimmer dran.

An wen denken Sie?

Den Fussball oder das Eishockey trifft die Situation finanziell härter. Bei manchen Teams stellen sich offenbar existenzielle Fragen. Aber auch für gewisse Athleten von uns ist die Situation schwierig.

Wieso?

In den kommenden Wochen hätten noch einige Einladungs-Wettkämpfe stattgefunden, wie etwa die 'Audi Nines' in Sölden nächsten Monat. Dabei gibt es meist auch ein entsprechendes Preisgeld zu gewinnen.

Wie sieht die Situation bei Swiss-Ski derzeit aus? Wer trainiert im Moment noch?

Derzeit sind alle 'on hold', es wird also nicht trainiert und wir machen auch keine Zusammenzüge mehr. Wir haben vorgängig natürlich Alternativen geprüft, da die Bedingungen ja eigentlich perfekt wären, um noch zu trainieren. Aber einerseits wäre dies mit zusätzlichen Kosten verbunden und der Nutzen aufgrund der abgesagten Wettkämpfe fraglich, andererseits haben wir auch eine Vorbildfunktion, die wir wahrnehmen wollen. Man muss hier auch ein bisschen die Relationen sehen.

Und die wären?

In erster Linie halten wir uns ohne Wenn und Aber an die Vorgaben von Bund und Kantonen. Natürlich gab es Schlupflöcher in den Vorgaben, die wir hätten ausnützen können. Nur was hätten wir so vorgelebt? Uns ist es daher wichtiger, in diesem Fall als Vorbild zu dienen.

Wie sehen Ihre kommenden Wochen aus?

In der letzten Woche stand das Unmittelbare im Zentrum der Planung, unser Handlungsfokus ging bis Ende April. Nun nehmen wir die mittelfristige Planung in Angriff.

Wenn wir zum Schluss noch einmal auf diese spezielle Saison blicken: Was war Ihr persönliches Highlight?

Grundsätzlich habe ich mich über die sehr gute Arbeit in meinen Disziplinen (Ski- Freestyle, Snowboard- und Telemark - Red.) gefreut. Am speziellsten war für mich der Gewinn der Kristallkugel von Noé Roth im Aerials-Weltcup, weil mich der Zeitpunkt überrascht hat. Ich habe ihm den Triumph im Gesamtweltcup zwar zugetraut, aber nicht so früh mit dem Durchbruch gerechnet. Auf Weltcup-Stufe bin ich ohnehin sehr zufrieden. Im Europacup hat das verfrühte Ende wohl zu einem etwas verzerrten Bild geführt, was uns im Selektionsprozess vor etwas mehr Arbeit stellt.