«Wir müssen miteinander von null auf hundert fahren»

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In diesen Tagen werden die entscheidenden Weichen für den Weltcup-Winter 2020/21 gestellt. Aufgrund der aktuellen Situation rund um COVID-19 ist auch der Schneesport mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Walter Reusser, Direktor Alpin und Mitglied der Geschäftsleitung von Swiss-Ski, äussert sich zu den aktuellen Fragen rund um die geplanten Schweizer Weltcup-Veranstaltungen und zur engen Zusammenarbeit mit den Veranstaltern.

Finden die Wettkämpfe der Heimweltcups 2020/21 mit, ohne oder teilweise mit Zuschauer statt?

Walter Reusser: Wir haben zusammen mit den Weltcup-Veranstaltern die verschiedenen Szenarien erarbeitet, insbesondere auch um eine Risikoanalyse zu machen. Es gilt jeweils für unsere Weltcups, eine mobile Infrastruktur zu errichten – und nicht eine bestehende zu finanzieren. Das ist der grösste Unterschied zu anderen Sportevents in der Schweiz. Daneben sind wir mit unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten konfrontiert. Es gibt Destinationen, die nicht so leicht abgesperrt werden können, an anderen Orten wiederum geht es einfacher. Dies wird mitentscheidend sein, wie wir die Strukturen aufbauen werden. Gesichert sagen kann ich, dass der Fokus darauf liegt, die Athleten unter den gegebenen Umständen bestmöglich in den Mittelpunkt zu stellen.

Unser Ziel ist es, dass wir Ende Oktober für alle unsere Heimweltcups Schutzkonzepte vorliegen haben.

 

Bis wann müssen Swiss-Ski und die Veranstalter Klarheit haben, ob ein Wettkampf mit oder ohne Zuschauer ausgetragen werden kann?

Ich will dies am Beispiel Ski Alpin ausführen. Wir haben in den vergangenen zwei Monaten gemeinsam mit dem Ski-Weltverband FIS und den Veranstaltern an einem neuen Weltcup-Kalender gearbeitet – und nicht an einem bestehenden Kalender Anpassungen angebracht. Das heisst konkret, dass die bereits abgesagten Rennen in Nordamerika nicht per se nachgeholt werden. Im Laufe dieses Monats wird dieser Kalender nun finalisiert. Die Verbände erhalten in den kommenden Tagen eine neue Version zugestellt, der FIS-Council wiederum verabschiedet dann Anfang Oktober den definitiven Weltcup-Kalender. Parallel haben wir vom Bund die Bestimmungen betreffend Grossveranstaltungen erhalten. Auf der einen Seite schauen wir, welche Möglichkeiten wir als Schweizer Veranstalter haben und wie die Gegebenheiten der Kantone integriert werden. Auf der anderen Seite müssen wir abwarten, wie der Weltcup-Kalender letztlich überhaupt aussieht. Auf dieser Basis werden dann die Schutzkonzepte finalisiert.

Einige Schweizer Weltcup-Veranstaltungen stehen schon im Dezember auf dem Programm, andere wiederum erst zwei, drei Monate später.

Unser Ziel ist es, dass wir Ende Oktober für alle unsere Heimweltcups Schutzkonzepte vorliegen haben, die wir durch die jeweiligen Kantone prüfen lassen können. Wir werden die kantonalen Behörden früh ins Boot holen, damit gemeinsam die beste Lösung gefunden werden kann. Je nachdem, wann dann der Wettkampf effektiv stattfindet, werden wir uns dorthin tasten. Das Weltcup-Finale in Lenzerheide findet beispielsweise erst im März statt. Wir wissen nicht, wie die COVID-19-Situation dann sein wird. Andere Events im Dezember wie die alpinen Weltcup-Rennen in St. Moritz, der Langlauf-Weltcup in Davos oder das Weltcup-Springen in Engelberg müssen sehr früh wissen, wie das Schutzkonzept ausgestaltet sein muss. Für diese Veranstalter ist aber auch eher antizipierbar, wie die Vorgaben aussehen werden. Was ich sehr schön finde, ist die Tatsache, dass wir – die Veranstalter und Swiss-Ski – einander gegenseitig helfen. Niemand hat jemals Weltcup-Veranstaltungen unter den derzeitigen Rahmenbedingungen organisiert und entsprechende Erfahrungen gemacht. Wir müssen miteinander von null auf hundert fahren. Gemeinsam mit den Veranstaltern wird Swiss-Ski bis Ende November drei Workshops zur COVID-19-Thematik abhalten, den ersten am 21. September. Wir wollen das extrem hohe Fachwissen der Veranstalter nutzen, um gemeinsam an den jeweiligen Konzepten zu arbeiten.

Wir werden alles dafür geben, dass wir die Wettkämpfe durchführen können.

 

Was würde es für Swiss-Ski und den jeweiligen Veranstalter bedeuten, wenn ein Weltcup-Wochenende komplett gestrichen werden müsste?

Für uns ist wichtig – auch im Sinne der Kontinuität und Visibilität –, dass wir die Rennen im Kalender halten können. Wir werden deshalb alles dafür geben, dass wir die Wettkämpfe durchführen können, sofern uns nicht die höhere Gewalt einbremst.

Gibt es Signale von Veranstaltern, die aufgrund von COVID-19 gerne komplett auf die Austragung von Weltcup-Rennen in der Saison 2020/21 verzichten wollen?

Aktuell sind wir daran, die Herausforderungen der verschiedenen Veranstalter zu prüfen. Diese sind nicht überall dieselben. In Adelboden beispielsweise ist die Weltcup-Strecke am Chuenisbärgli ein wenig abgegrenzt vom restlichen, touristischen Skigebiet. In St. Moritz ist die Ausgangslage diesbezüglich wiederum ganz anders.

Wird in Erwägung gezogen, dass Swiss-Ski bestimmte ausländische Weltcup-Destinationen komplett auslässt? Unter welchen Umständen würde dies geschehen?

Wenn wir wegen Quarantäne-Bestimmungen andere Wettkämpfe verpassen würden, dann ist es eine Möglichkeit, dass wir am einen oder anderen Rennen nicht starten werden. Von Seiten der FIS wird es eine Regel geben, wie viele der besten Nationen am Wettkampf teilnehmen müssen, damit dieser als Weltcup gewertet werden kann.