Ski-WM in Méribel: Grosses Potenzial, hohe Erwartungen

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Die zweifache Weltmeisterin Lara Gut-Behrami gewann bei der letzten WM in Frankreich als 17-Jährige zwei Silbermedaillen. (Bild: Keystone-SDA)

Die 47. alpinen Ski-Weltmeisterschaften nimmt das Schweizer Team wiederum aus einer Position der Stärke in Angriff. Für die derzeit im Weltcup erfolgreichste Equipe gilt es, vom 6. bis 19. Februar
in Courchevel und Méribel die eigene ruhmreiche WM-Historie um einige freudige Kapitel zu erweitern.

69, 70, 65 – diese drei Zahlen fassen die bisherige Schweizer Alpin-WM-Geschichte in kürzester Form zusammen. 69 Mal durften die Schweizer Ski-Fans bisher über WM-Gold jubeln, 70 Mal über Silber und 65 Mal über eine bronzene Auszeichnung. Mit 35:33 WM-Titeln waren die Frauen bislang einen Hauch erfolgreicher als die Männer; einmal – 2019 in Åre – siegte Swiss-Ski im Team Event. Mehr WM-Goldmedaillen an alpinen Ski-Weltmeisterschaften gingen einzig nach Österreich (101), am dritterfolgreichsten seit der WM-Premiere 1931 in Mürren war Frankreich (47) vor Deutschland (34), den USA (29) und Norwegen (25).

Der erfolgreichste Schweizer WM-Medaillensammler auf Männer-Seite ist Pirmin Zurbriggen, der sich 1985 (Bormio), 1987 (Crans-Montana) und 1989 (Vail) insgesamt je viermal Gold und Silber sowie einmal Bronze umhängen liess. Im Schweizer WM-Medaillenspiegel der Frauen ganz zuoberst steht Erika Hess mit sechsmal Gold und einmal Bronze. Am meisten WM-Medaillen in ihrem Besitz hat jedoch eine aktive Athletin – nämlich Lara Gut-Behrami. Die Tessinerin kürte sich vor zwei Jahren in Cortina d’Ampezzo zur Doppel-Weltmeisterin (Super-G und Riesenslalom) und steht seither bei zweimal Gold und je dreimal Silber und Bronze. Mit Wendy Holdener (2 × Gold, 1 × Silber, 0 × Bronze), Corinne Suter (1/2/1) und Michelle Gisin (0/1/1) kennen drei weitere aktuelle Kader-Athletinnen von Swiss-Ski das Gefühl, auf einem WM-Podest zu stehen. Bei den Männern sind dies – nach den Rücktritten von Beat Feuz und Mauro Caviezel – zwei Kader-Athleten (in Einzelrennen): Luca Aerni (1/0/0) und Loïc Meillard (0/0/2).

Marco Odermatt, der Riesenslalom-Olympiasieger und Gewinner des Gesamtweltcups 2022, wartet vor seinem siebten Start zu einem WM-Rennen noch auf eine Podestfahrt. Der beste Skifahrer der Gegenwart könnte mit dem Gewinn eines WM-Titels in Savoyen zu einem sehr erlesenen Kreis von Schweizer Alpinen dazustossen: Olympia-Gold, WM-Gold und den Sieg im Gesamtweltcup zu erringen, gelang bei den Männern bislang einzig Pirmin Zurbriggen und Carlo Janka.

Acht WM-Titel seit 2017

Als Vierter in der Abfahrt schrammte Marco Odermatt vor zwei Jahren in Cortina d’Ampezzo an einer Medaille knapp vorbei, gleichwohl durfte sich die Ski-Schweiz damals über neunmal Edelmetall freuen. Gemessen an der Anzahl Medaillen waren die Titelkämpfe 2021 in Venetien für Swiss-Ski die dritterfolgreichsten nach jenen 1987 (14 Medaillen) und 1989 (11 Medaillen). An den vergangenen drei Weltmeisterschaften resultierten für die Schweiz acht WM-Titel – exakt so viele wie an sämtlichen Weltmeisterschaften von 1996 bis 2015 zusammen. Alle drei Titel in Cortina d’Ampezzo errangen die Frauen: Lara Gut-Behrami im Super-G und Riesenslalom, Corinne Suter in der Abfahrt. Angesichts dieser Ausbeute ist es heutzutage rückblickend kaum vorstellbar, dass es zwischen 1993 und 2015 mit Sonja Nef (2001, Riesenslalom) nur eine einzige Schweizer Weltmeisterin gab.

Die Ausgangslage für das Schweizer Team präsentiert sich vor den Weltmeisterschaften in Courchevel und Méribel sehr ähnlich wie 2021 und 2022, als in Cortina d’Ampezzo (WM) und in Peking (Olympia) die letzten Ski-Grossanlässe stattfanden. «Wie in den vergangenen Jahren gilt: Wenn unsere Athletinnen und Athleten gesund sind und an ihrem WM-Renntag ihr grosses Potenzial abrufen können, dann werden wir nach dem letzten Rennen am 19. Februar mit einem positiven Gefühl auf dieses Saison-Highlight zurückblicken können», so Walter Reusser, Alpin-Direktor von Swiss-Ski.

Die grosse Stärke der Schweizer Equipe ist die Breite. In jeder Disziplin verfügen die Teams der Cheftrainer Beat Tschuor (Frauen) und Tom Stauffer (Männer) über Medaillen-Kandidatinnen und -Kandidaten. Walter Reusser gibt allerdings zu bedenken, dass Weltmeisterschaften mit dem Weltcup-Alltag nur bedingt vergleichbar sind. «Anders als im Weltcup, der sich über mehrere Monate erstreckt und bei dem die Konstanz eine grosse Rolle spielt, kommt bei Weltmeisterschaften der Tagesform eine zentrale Bedeutung zu. Im positiven Fall wird das Team von einer Welle der Euphorie getragen – insbesondere dann, wenn bereits in den ersten Rennen auf Erfolge angestossen werden kann. Glück und Pech liegen jedoch bei Grossanlässen besonders nahe beisammen, das kann man immer wieder feststellen.»

Schöne Erinnerungen an 2009

Courchevel und Méribel, beides wiederholt Weltcup-Stationen, sind erstmals Austragungsorte von alpinen Ski-Weltmeisterschaften. Letztmals fanden Titelkämpfe 2009 in Frankreich statt. Damals, in Val d'Isère, kamen Didier Cuche (Super-G) und Carlo Janka (Riesenslalom) zu Weltmeister-Ehren. Vor 13 Jahren ebenfalls schon Mitglied jenes WM-Teams war Lara Gut-Behrami, die als damals 17-Jährige Silber in der Abfahrt und in der Kombination errang. Auch 1937 und 1962 (jeweils Chamonix) sowie 1968 war Frankreich Gastgeber von Ski-Weltmeisterschaften gewesen. Vor 55 Jahren fanden die Olympischen Winterspiele in Grenoble statt. Damals wurden diese gleichzeitig auch als Weltmeisterschaften gewertet.