«Der Riesenslalom der Männer kostete mir einige Nerven»

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Beat Tschuor jubelt über den Gewinn der Marc Hodler Trophy.

Die Schweizer Athletinnen und Athleten kamen an der Junioren-WM in Davos nicht aus dem Feiern heraus. Mit elf Medaillen und dem Gewinn der Marc Hodler Trophy egalisierten sie den Rekord aus dem Jahr 2011 in Crans-Montana. Der Nachwuchschef Ski Alpin Beat Tschuor blickt auf die zehn Tage zurück.

Beat Tschuor, ich nehme an, die Ziele an der Junioren-WM wurden klar übertroffen?
Ja, es ist klar über unseren Erwartungen. Natürlich sticht die Leistung von Marco Odermatt mit fünf Goldmedaillen heraus, aber wichtig ist, dass die Mannschaftsleistung sehr gut war. Das zeigt der Gewinn der Marc Hodler Trophy. In diesem Ranking zählen nicht nur die Medaillen, sondern die Top 10 Plätze der zwei besten Athleten pro Nation.

Welches war das Erfolgsrezept des Schweizer Teams?

Der Kern des Erfolgs war, dass die Chemie im Staff sehr gut war und sich dadurch die Athleten sofort wohl gefühlt haben.  Zudem bin ich überzeugt, dass wir dank dem Materialverantwortlichen Daniel Züger, der Skitests am Bolgen durchgeführt hat, die Hundertstelrennen für uns entscheiden konnten. Seine Zusammenarbeit mit den Serviceleuten funktionierte hervorragend. Ein wichtiger Faktor war ausserdem das Vertrauen und Interesse des Verbandes. Und schlussendlich ist es so, dass die Athleten in den Clubs, Regionalverbänden und Leistungszentren gut ausgebildet werden und Swiss-Ski so über eine gute Breite verfügt.

Wie gross war der Vorteil, dass ihr zuhause antreten konntet?

Wir haben uns in den letzten drei Jahre gezielt auf den Anlass vorbereitet und intensiv Rennen sowie Schweizermeisterschaften in Davos veranstaltet. Der Hang ist quasi unser Wohnzimmer. Der längerfristige Plan ist am Tag X aufgegangen.

Er ist ein Traumathlet für jeden Trainer.

Beat Tschuor über den 5fachen Goldmedaillen-Gewinner Marco Odermatt

Welche Momente bleiben dir besonders in Erinnerung?

Ein Highlight war die Goldmedaille von Aline Danioth in der Alpinen Kombination. Einen Tag vorher ist sie im Super-G gestürzt und sie brauchte grosse Überwindung um wieder an den Start zu gehen. Ihre Coaches machten hervorragende Arbeit. Viele Nerven kostete mir der Riesenslalom der Männer. Auf der Besichtigung am Morgen sah man Marco Odermatt an, dass er nach den vier Goldmedaillen müde und nicht ganz bereit wirkte. Es war wirklich hohe Schule, wie abgeklärt er nach dem 1. Lauf geblieben ist und dann einen fantastischen 2. Lauf runtergebracht hat. Besonders überraschend kam der Triumph im Team-Event, den wir zum ersten Mal gewinnen konnten.

Bleiben wir bei Marco Odermatt. Wie erklärst du dir seinen Erfolg?

Was ihn ausmacht ist, dass er ein bescheidener, geerdeter und gelassener Typ ist. Für seine 20 Jahre ist er extrem weit. Er weiss, was er macht, wie er reagieren sowie agieren muss, und er kann die richtigen Entscheidungen treffen. Für einen Trainer ist er ein Traumathlet.  

Wie siehst du seine Chancen im Weltcup den Durchbruch zu schaffen?

Ich denke, dass dies schnell geht. Wichtig ist, dass er den Riesenslalom sowie Super-G pflegt und nicht das Gefühl hat, er muss jetzt zu stark auf die Abfahrt setzen. Er muss sich Zeit nehmen um Erfahrungen zu sammeln und so zu einem kompletten Athleten werden.

Ohne die fünf Goldmedaillen von Marco Odermatt sähe die Schweizer Bilanz weniger gut aus.

Das ist so, aber alle im Team haben irgendwo einmal ihre Leistung abrufen können. Zudem hatten wir auch zwei Ausfälle mit Marco Kohler (Knieverletzung) und Nicole Good (Hirnerschütterung) in der Abfahrt zu verkraften. Und nicht zu vergessen: Die nominell stärkste Juniorin der Schweiz, Mélanie Meillard, war nicht am Start. Es wäre also sogar einiges mehr möglich gewesen!

Wir haben in Davos hochstehende Wettkämpfe gesehen.

Beat Tschuor

Trotz dem hervorragenden Abschneiden gab es sicherlich auch Sachen, die dir nicht gefallen haben?

Ernüchternd war für mich der Riesenslalom der Frauen. Nicht nur Camille Rast, auch andere Athletinnen sind ausgeschieden, was mich einen Moment lang nachdenklich gestimmt hat. Zudem sind wir im Slalom der Männer nicht so stark aufgetreten. Da ist mehr Potential vorhanden.

Es fiel allgemein auf, dass es sehr viele Ausfälle gab...

Das stimmt. Diese sind einerseits auf das Wetter und die Sicht zurückzuführen. Anderseits liegt es auch an den taktischen Überlegungen der Kurssetzer, die zum Teil fragwürdig waren. Im Slalom der Männer klassierten sich 30 der 124 Startenden. Und im Super-G schafften es nur zwölf der besten 30 ins Ziel. Die Sicherheit war an einer Stelle durch die Kurssetzung nicht gewährleistet. Dies ist für den Sport nicht fördernd. Es darf nicht vergessen werden, dass es eine WM für Junioren ist. Die Jungen sollen Spass haben. In der Alpinen Kombination der Frauen wurde aufgrund des Lichtes entschieden, den Slalom zuerst zu fahren, was taktisch nicht optimal war. Viele Speed-Spezialistinnen schieden bereits im Slalom aus. Da müssen sich die Trainer, die Nationen, die FIS und die Jury an der Nase nehmen. Insgesamt haben wir aber hochstehende Wettkämpfe in Davos gesehen. Da kann ich nur ein Kompliment an das Organisationskomitee und an die Bergbahnen machen, die es ermöglichten, einen solchen Anlass durchzuführen. Sie haben gezeigt, dass sie fähig sind, einen Grossanlass zu stemmen.

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