Delia Durrer: Mit Rückenwind und Leidenschaft in die Heimrennen

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Foto: Stephan Bögli

Delia Durrer hat sich einen fixen Startplatz im Abfahrts-Weltcup erkämpft und in den ersten beiden Abfahrten der Saison aufgetrumpft. Die 20-jährige Nidwaldnerin gilt als beharrlich, entschlossen und fleissig. Und sie ist eine Athletin, die offen von einem grossen Ziel spricht.

Die junge Frau benötigt keine Anlaufzeit, erst recht nicht beim Thema Skifahren. Mit jeder Silbe dringt ihre Leidenschaft durch, ihre Vorfreude auf das, was kommt, ihre Lust darauf, Grosses zu erreichen. Delia Durrer sagt: «Ich habe einfach ein riesiges Feuer in mir für diesen Sport.» Für sie brach eine Saison an, in der sie im Weltcup nicht einfach nur schnuppern darf.

Durrer hat sich im vergangenen Winter einen fixen Startplatz in der Abfahrt erobert, und wenn sie diese Bühne schon betreten darf, will sie von ihrem bisherigen Motto gewiss nicht abrücken: «Ich gebe Vollgas – im vollen Bewusstsein, dass ich noch viel lernen und Schritt für Schritt nehmen muss.» Die Heimrennen in St. Moritz nimmt Delia Durrer mit viel Rückenwind in Angriff, schliesslich resultierten für die junge Nidwaldnerin in den ersten beiden Weltcup-Abfahrten der Saison in Lake Louise die Ränge 13 und 20.

Das Emotionale hat sie von ihrer Mutter

Das passt gut zur Geschichte der bodenständigen Nidwaldnerin, die seit jeher mit Tempo und Temperament unterwegs ist. In Oberdorf bei Stans wächst sie auf und probiert in der Jugend verschiedene Sportarten aus. Sie spielt Tennis, nimmt Ballettunterricht, turnt, fährt Ski – Hauptsache, sie kann sich bewegen. Und ihr Energiespeicher ist gut gefüllt. Die emotionale Seite hat sie vor allem von ihrer Mutter Felicia geerbt, die ihre Wurzeln im süditalienischen Avellino hat.

Wie viel ihr das Skifahren tatsächlich bedeutet, wird ihr erst bewusst, als die Primarschülerin einmal an einem Rennen teilnimmt, an dem auch ein Trainer des Nidwaldner Verbandes zuschaut. Es heisst, er schaue sich nach Talenten um, die allenfalls vom Verband gefördert werden könnten. Delia Durrer scheidet aber just an diesem Tag aus. Tränen fliessen, eine Welt bricht für sie zusammen, die junge Athletin realisiert, dass für sie nichts wichtiger ist als eben der alpine Skirennsport.

«Delia ist ein Energiebündel»

Das Aus ist eine Enttäuschung, aber kein Grund, um aufzugeben. Ihr Ehrgeiz treibt sie an, unbeirrt weiterzumachen. Durrer kommt voran – und erhält einen Platz im kantonalen Kader. Heiko Hepperle begleitet sie als Trainer während fünf Jahren auf JO-Stufe. Er bringt ihr nicht nur Techniken bei, sondern auch das Bewusstsein, selber Verantwortung übernehmen zu müssen, herauszufinden, was dem Körper zuzumuten ist – und zu lernen, dass weniger manchmal mehr ist. «Delia ist ein Energiebündel», sagt Hepperle, «sie ist jemand, die immer gewinnen will. Eine Athletin mit diesem Willen und dieser Leistungsbereitschaft hat jeder Trainer gern. Nur kann zwischendurch eine gewisse Lockerheit nicht schaden. Manchmal ist weniger mehr.»

Ich investiere alles, um das Optimum herauszuholen.

Delia Durrer

Durrer lernt. Und fährt schnell. Vier Jahre verbringt sie an der Sportmittelschule Engelberg und kann so ideal sowohl Ausbildung als auch ihre Leidenschaft unter einen Hut bringen. Sie debütiert im Europacup, feiert mehrere nationale Meistertitel und schnuppert 2020/21 erstmals Weltcup-Luft bei der Abfahrt in Val di Fassa. Ein Jahr später holt das grosse Talent vom Skiclub Beckenried-Klewenalp ihren ersten Weltcup-Punkt, als sie beim Super-G in Cortina d’Ampezzo Rang 30 belegt.

Sie will Olympiasiegerin werden

Für sie ist das Highlight des Winters aber ein anderer Erfolg: Sie erobert sich mit konstant guten Leistungen im Europacup einen fixen Startplatz im Abfahrts-Weltcup in der kommenden Saison. Durrer hat das Gymnasium im Frühling mit der Matura abgeschlossen und setzt vorderhand konsequent auf den Sport.

Sie stellt hohe Ansprüche an sich und ist bereit, einen grenzenlosen Aufwand zu betreiben, um ihr Fernziel zu erreichen – ein Fernziel, das sie auf ihrer Homepage formuliert hat: «Ich will Olympiasiegerin werden.» Sie scheut sich nicht, das zu sagen, betont aber auch, dass sich nicht jeder Erfolg planen lasse: «Natürlich muss wahnsinnig viel zusammenstimmen, darüber bin ich mir im Klaren. Aber ich investiere alles, um das Optimum herauszuholen.»

Ich muss akzeptieren, dass gewisse Dinge manchmal etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Delia Durrer

Inspirieren lässt sich Delia Durrer etwa von der Engelbergerin Michelle Gisin, die als Allrounderin ein gewaltiges Pensum absolviert und sich gleichwohl nicht stressen lässt. Oder da ist die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin, die in ihrer Karriere schon so viele Erfolge gefeiert hat.

Durrer ist gespannt, was auf sie zukommt. Sie freut sich auf Strecken, die sie bislang nur aus Fernseh-Übertragungen kennt, sie freut sich darauf, mit dem Team unterwegs zu sein und möglichst viel zu erleben. «Ich kann mir gut vorstellen, das eine oder andere Abenteuer zu erleben», sagt sie. Und: Sie ist bereit, Neues zu lernen. Sehr wohl bewusst ist sie sich, dass sie zuweilen noch zu ungeduldig ist. Alles soll möglichst gut und möglichst schnell klappen: «Ich muss akzeptieren, dass gewisse Dinge halt manchmal etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen. Ich arbeite daran, etwas gelassener zu werden.»

Nicht eben entspannt ist sie, wenn kommunikative Mängel auftreten. Delia Durrer ist jemand, die wissen will, woran sie bei jemandem ist – sie wiederum trägt das Herz auf der Zunge und sagt offen, was Sache ist. «Ich möchte stets klare Verhältnisse», sagt sie, «und das geht vor allem mit Transparenz und Ehrlichkeit.»

Europacup als «zweites Standbein»

Für ihren früheren Trainer Heiko Hepperle ist sie nicht nur ein Talent, sondern auch eine Arbeiterin. Das ergibt eine ideale Kombination. Dazu komme ein Schuss Sturheit, so Hepperle, «aber das braucht es ebenfalls, wenn man erfolgreich sein will». Er traut Durrer vieles zu, vor allem im Super-G, «da bringt sie enorm viel Potenzial mit».

Die Zentralschweizerin wird nicht nur im Weltcup an den Start gehen, sondern weiterhin auch im Europacup, den sie als «mein zweites Standbein» bezeichnet. Wie immer der Wettbewerb heisst, wo immer sie ein Rennen bestreitet, eines ist klar: Halbe Sachen gibt es für sie nicht. Das kann Heiko Hepperle bestätigen. «Wenn sie sich weiter reinkniet, wird sie den Durchbruch schaffen», sagt er mit Überzeugung und fügt an: «Sie ist in der Lage, im Speed für ein paar ganz schöne Momente zu sorgen.»

 

Rennprogramm Weltcup St. Moritz

Freitag, 16.12.2022, 10.30 Uhr: Abfahrt
Samstag, 17.12.2022, 10.30 Uhr: Abfahrt
Sonntag, 18.12.2022, 11.30 Uhr: Super-G
 

Rahmenprogramm

Der Audi FIS Ski World Cup St. Moritz bietet ein reichhaltiges Rahmenprogramm mit den grossen musikalischen Highlights Joya Marleen und Hecht. Alle Informationen hierzu sind unter folgendem Link zu finden.

Tickets und weitere Informationen

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