«Das war sicher DER Moment dieses Winters»

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Olympische Spiele, Weltcup, Europacup und Junioren-Weltmeisterschaften: Der vergangene Winter brachte für die Athletinnen und Athleten sowie die Betreuer von Swiss-Ski zahlreiche Highlights, aber auch Herausforderungen mit sich.

Die drei Sportdirektoren Walter Reusser (Ski Alpin), Hippolyt Kempf (Ski Nordisch) und Sacha Giger (Snowboard/Ski Freestyle) blicken auf die vergangene Saison zurück und auf die kommenden Monate voraus. Sie äussern sich dabei über …

… einen Moment aus dem Winter 2021/22, der besonders in Erinnerung bleibt.

Walter Reusser: Es gibt natürlich sehr viele sportliche Highlights – diese sind allgemein bekannt. Ich verzichte deshalb darauf, alle aufzuzählen. Was mir aber sonst noch besonders in Erinnerung bleibt, ist die Tatsache, dass man an den Olympischen Spielen in Peking – weit weg von zuhause – nach der Landung am Flughafen nur von Leuten umgeben war, die eingepackt waren in ihren Masken und Schutzanzügen. Wir mussten am Flughafen warten, bis wir die Resultate der Covid-Tests erhalten haben und in die Bubble eintreten durften. Dieser Moment des Wartens und des Wissens, dass nun zwei, drei Wochen auf uns zukommen, wo wir nicht wissen, was genau auf uns zukommt, ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Sehr beeindruckt haben mich in jenem Moment die Ruhe und Gelassenheit unserer Mitarbeitenden und Athletinnen, mit welchen ich im Flieger nach Peking gereist bin.

Hippolyt Kempf: Im Nordischen Bereich haben wir einen Generationenwechsel miterlebt. Viele Aushängeschilder, die schon seit vielen Jahren dabei sind, sind nach der vergangenen Saison zurückgetreten, wie Dario Cologna, Laurien van der Graaff, Jovian Hediger, Benjamin Weger und Selina Gasparin. Gleichzeitig durften wir uns über zwei U23-Weltmeister im Langlauf freuen, und die Skispringer holten zwei Medaillen am Europäischen Olympischen Jugendfestival (EYOF). Es gibt also eine neue Generation, die mit guten Resultaten auf sich aufmerksam macht. Dieser gilt es Sorge zu tragen hinsichtlich der Olympischen Spiele 2026 in Cortina/Mailand.

Sacha Giger: Für mich hat es sehr viele schöne Momente gegeben, sehr viele auch erfolgreiche Momente, aber ein ganz besonderer Moment war für mich die ganze Situation um das Finale der Skicross-Frauen an den Olympischen Spielen. Wir haben zuerst gejubelt wegen Bronze von Fanny Smith – und im Anschluss folgten all die bekannten Turbulenzen, welche den Abend und die ganze Nacht über angehalten haben. Man musste sich am Folgetag trotzdem wieder fokussieren, um zu reüssieren – was uns letztlich mit Gold und Silber von Ryan Regez und Alex Fiva eindrücklich gelang.  Das war sicher so DER Moment von diesem Winter.

Wir brauchen aber auch morgen Spitzenathletinnen und Spitzenathleten. Ich bin deshalb unglaublich stolz auf die mehr als 50 Podestplätze und 21 Siege, die wir im vergangenen Winter im Europacup herausfahren konnten.

Walter Reusser, Direktor Ski Alpin

… die Highlights der vergangenen Saison.

Walter Reusser: Der Leuchtturm waren die Olympischen Spiele mit den neun Medaillen, die vier Athletinnen und zwei Athleten von uns erringen konnten. Es wurden grossartige Olympia- und Weltcup-Geschichten geschrieben im vergangenen Winter. Für mich ein Highlight war unsere Europacup-Saison. Diese geht manchmal etwas vergessen, weil der Fokus der breiten Öffentlichkeit natürlich auf unseren Top-Athletinnen und -Athleten liegt. Wir brauchen aber auch morgen Spitzenathletinnen und Spitzenathleten. Ich bin deshalb unglaublich stolz auf die mehr als 50 Podestplätze und 21 Siege, die wir im vergangenen Winter im Europacup herausfahren konnten. Das gibt uns eine Perspektive: Wir werden in der nächsten Saison neun zusätzliche Startplätze im Weltcup haben. Ich hoffe, dass wir daraus einen grossen Nutzen ziehen können.

Hippolyt Kempf: Zu den Highlights im Weltcup gehören der Podestrang von Nadine Fähndrich in Davos sowie die beiden 4. Ränge von Killian Peier in Engelberg. Im Nachwuchsbereich sind es die beiden U23-Weltmeistertitel im Langlauf durch Anja Weber und Valerio Grond und der 4. Platz in der Mixed-Staffel sowie die drei Medaillen am EYOF im Langlauf und Skispringen.

Sacha Giger: Es gab sehr viele schöne Erfolge. Der wichtigste Erfolg war aus meiner Sicht der Abschluss an den Olympischen Spielen mit dem Doppelsieg im Skicross bei den Männern. Das war natürlich sehr emotional und sehr schön, dass das Team so fokussiert bleiben konnte nach dem ganzen Tag und der ganzen Nacht zuvor mit der Geschichte um Fanny Smith – das hat mich am meisten gefreut. Es hat aber auch andere Erfolge gegeben: Die Durchführung der Park & Pipe Junioren-WM in Leysin und der Big Air Event in Chur, welcher in diesem Jahr erstmals durchgeführt wurde, waren weitere Highlights der abgelaufenen Saison – und so gäbe es noch ganz viele andere.

Die Anzahl Verletzungen möchten und müssen wir in Zukunft reduzieren.

Sacha Giger, Direktor Ski Freestyle & Snowboard

… Dinge, die Unzufriedenheit hervorriefen.

Walter Reusser: Der Aufwand für das ganze Covid-19-Management hat Spuren hinterlassen bei unseren Leuten – sie waren Ende Saison ausgelaugt. Ich denke da etwa an unsere Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, die das gesamte Testing durchgeführt haben und viel Zusatzaufwand auf sich genommen haben, um die Auflagen der FIS seriös zu erfüllen. Wir konnten das jederzeit sicherstellen – dank den Leuten, die Nacht- und Wochenend-Dienste absolviert haben, um die Tests auszuwerten, damit alles pünktlich vorlag. All das war mit extrem viel Stress verbunden. Trotz dieser Zusatzbelastung ist letztlich natürlich niemand schneller Ski gefahren – aber wir mussten es machen. Ich hoffe, dass wir diesen immensen Zusatzaufwand nun hinter uns haben.

Hippolyt Kempf: Das sportliche Abschneiden bei den Olympischen Spielen. Die Leistungsträger waren am Grossanlass nicht in Form. Nur ein Einzel-Diplom – das ist zu wenig.

Sacha Giger: Ich möchte natürlich immer noch mehr Medaillen und noch mehr Kristallkugeln. Ich glaube, die grössten Herausforderungen waren die Verletzungen – wir hatten sehr viele Kreuzbandrisse. Wir hatten im Herbst innerhalb von drei Wochen gleich sechs solche Verletzungen. Da sind natürlich immer persönliche Schicksale von den Athletinnen und Athleten damit verbunden. Die Anzahl Verletzungen möchten und müssen wir in Zukunft reduzieren.

Wir werden in allen Sportarten die Teams frisch aufsetzen und möchten die Sache noch besser aufgestellt und organisiert angehen.

Hippolyt Kempf, Direktor Nordisch

… den Fokus in der Vorbereitung auf die nächste Saison.

Walter Reusser: Wenn der Erfolg da ist, werden auch die Erwartungen immer höher. Man will es noch besser machen und versucht, an der einen oder anderen Schraube zu drehen – auch wenn sie letztlich gar nicht mal so relevant ist. Der Fokus liegt deshalb auf der Beibehaltung einer gewissen Lockerheit, auf der Durchführung von guten Trainingseinheiten, auf einer guten Stimmung innerhalb des Teams sowie auf der gewinnbringenden Zusammenarbeit unter den jeweiligen Trainingsgruppen.

Hippolyt Kempf: Wir werden in allen Sportarten die Teams frisch aufsetzen und möchten die Sache noch besser aufgestellt und organisiert angehen. Bei den Kursen möchten wir personell und vom Inhalt her straffen. Wir werden Trainingsgruppen zusammenlegen, mehr Fokus geben, besser betreuen und so mehr Qualität reinbringen.

Sacha Giger: Wir haben eine sehr grosse Umstrukturierung gemacht, indem wir die ganzen Disziplinen neu aufgeteilt haben in einen Bereich "Style" und einen Bereich "Speed". Das braucht jetzt am Anfang sehr viel Energie, bis das alles aufgegleist ist. Ich denke aber, da haben wir wirklich grosse Chancen, die Ressourcen noch besser nutzen zu können, die Teams – wie zum Beispiel Freeski und Snowboard – noch näher zusammenzuführen und so sicher auch noch besser zu werden, indem man voneinander profitieren kann.