«Aus einer Notlage wurde eine gute Lösung»

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Im Hinblick auf seine wohl letzte Weltcupsaison sah sich der Nordisch-Kombinierer Tim Hug gezwungen, noch einmal neue Wege zu gehen. Dies bringt sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich, wie der 31-jährige Solothurner im Interview erklärt.

Tim, du befindest dich mitten im Sommertraining. Der Start zur neuen Weltcupsaison erfolgt in rund drei Monaten. Läuft aktuell in der Vorbereitung alles nach Plan?

«Vom Gefühl her schon. Im Juni und Juli habe ich intensiv und gut trainieren können. Nun befinde ich mich bei meinem Studium der erneuerbaren Energien und Umwelttechnik wieder mitten in der Prüfungsphase, entsprechend habe ich bei den Trainingsumfängen ein bisschen rausgenommen. Am vergangenen Samstag habe ich im Rahmen des Sommer-Grand-Prix in Oberstdorf einen ersten Wettkampf bestritten, um zu sehen, wo ich stehe.»

Seit einigen Jahren bist du der einzige Kombinierer, der für Swiss-Ski auf höchster Stufe Wettkämpfe bestreitet. Entsprechend absolvierst du auch einen grossen Teil der Vorbereitung alleine, mittlerweile sogar ohne eigenes Betreuerteam.

«In den letzten beiden Jahren gab es bereits eine Zusammenarbeit mit dem norwegischen Team. Angefangen hat es vor allem im Material- und Service-Bereich. Im letzten Jahr kamen gemeinsame Trainingslager dazu, damals hatte ich aber immer noch meinen eigenen Coach und meinen eigenen Servicemann. Auf diese Saison hin war es aus finanziellen Gründen jedoch nicht mehr möglich, ein eigenes Team zu stellen. Wir haben uns deshalb bei den Norwegern eingekauft, ich bin mittlerweile bei ihnen ein vollwertiges Teammitglied.»

Das bringt sicherlich auch Vorteile mit sich, schliesslich zählt Norwegen zu den führenden Nationen in der Nordischen Kombination.

«Ja, es hat sich eine neue Chance ergeben. Wir waren gezwungen, eine Alternative zu finden. Aus einer Notlage wurde schliesslich eine gute Lösung. Jetzt bin ich nach vielen Jahren wieder einmal in einem Kombinierer-Team drin. Ich profitiere von neuen Inputs und neuen Trainingsideen. Um weiterzukommen, braucht es von Zeit zu Zeit etwas Neues. Die Norweger haben mich vom ersten Trainingslager an super aufgenommen, alle waren sehr aufgeschlossen. Allerdings kann ich – aus finanziellen Gründen und wegen des Studiums – nicht die ganze Zeit in Norwegen dabei sein. Bislang war ich während der Vorbereitung etwa drei Wochen dort. Die Kommunikation mit den Norwegern wird aber durch regelmässige Telefonate und Videoaustausch aufrechterhalten. Allerdings muss ich zuhause vieles selber organisieren. Das gibt einerseits einen Mehraufwand, andererseits auch deutlich mehr Freiheiten. Mein Ziel ist es, mich ab Ende September vermehrt dem Team anzuschliessen und mit diesem die Trainingslager im Oktober in Seefeld und danach auf dem Gletscher im Schnalstal zu absolvieren.»

Auf was richtest du den Fokus bei der Saisonvorbereitung im Besonderen?

«Im Langlauf habe ich ihn von Anfang an auf die Technik gelegt. Zuletzt konnte mir diesbezüglich nicht weitergeholfen werden, da ich in den letzten fünf, sechs Jahren keinen spezifischen Langlauf-Trainer mehr gehabt habe. Im technischen Bereich gibt es noch viel Potenzial. Jetzt bei den Norwegern gibt es wieder einen Spezialisten für den Langlauf. Rein physisch habe ich im Langlauf in den letzten Jahren gut gearbeitet, da bin ich nicht weit weg von den besten Norwegern. Auf der Schanze muss ich das alte Vertrauen wieder finden. Im Frühling haben wir das Ganze gut analysiert. Mit den neuen Coaches gab es neue und interessante Inputs. Ich habe das Gefühl, es kommt jetzt immer besser.»

Mit den Weltmeisterschaften in Seefeld steht im Februar 2019 das Saison-Highlight auf dem Programm. Sind die Titelkämpfe in Tirol das finale Ziel in deiner Karriere als Nordisch-Kombinierer – oder besteht die Möglichkeit, dass du eine weitere Saison anhängst?

«Grundsätzlich bin ich schon so eingestellt, dass ich nun meine letzte Saison in Angriff nehme. Es würde auch vom Studium her sehr gut passen, im kommenden Frühling mit dem Spitzensport aufzuhören. Gegen Ende wird der Aufwand beim Studium immer grösser, viele Arbeiten sind mit Projekten verbunden. Wenn es über die anstehende Saison hinaus weitergehen würde mit meiner Karriere, müsste ich eigentlich sagen, dass ich nochmals einen gesamten Olympia-Zyklus in Angriff nehme. Das habe ich allerdings nicht vor.»