«Jeder Skifahrer und Schneesportliebhaber könnte für uns ein potenzieller Kunde sein»

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Auf die Saison 2018/19 hin will Swiss-Ski das Verbandsmarketing in neue Dimensionen führen. «Moderner Wettkampfsport ist ein Produkt, das einen enormen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wert mit sich bringt», weiss Philippe Sproll, seit Sommer 2017 Direktor Marketing bei Swiss-Ski. Im Interview spricht er über die Kommerzialisierung der Marke Swiss-Ski, neue Märkte in Asien sowie über eine zukünftige Schneesport-Offensive.

Philippe Sproll, wie bist du bei Swiss-Ski gestartet?

Ich habe bei Swiss-Ski eine sehr solide Basis angetroffen. Nebst den Weltklasse-Athleten, der sehr professionellen Infrastruktur und Betreuung des Leistungs- und Breitensports, sind die Sponsoren und Partner von Swiss-Ski das wichtigste Element des Erfolgs des Verbandes. Ohne sie gäbe es keine Erfolge im Wettkampfsport und ohne die Resultate unserer hervorragend trainierten Athleten gäbe es keine Sponsoren und daher keine Finanzierung der Verbandsaktivitäten. Deshalb ist ihr Commitment für den Schneesport und vor allem ihre Treue und Grosszügigkeit in den letzten Jahrzehnten eine der grössten Ressourcen von Swiss-Ski. Ich bin überzeugt, dass die Kooperation zwischen Swiss-Ski und den Sponsoren und Partnern im Marketingbereich noch viel unausgeschöpftes Potenzial bietet.

Warum soll Swiss-Ski künftig noch besser vermarktet werden?

Aus den ganzen Emotionen, die man im Spitzensport durchleben kann, entstehen kommerzielle Opportunitäten, die es zu nutzen gilt. Die grössten Sport-Klubs in Europa haben in den letzten Jahrzehnten das Potenzial ihrer Marke erkannt und eine aktive Kommerzialisierung des Brands eingeführt. Dadurch kann das Finanzierungsrisiko, das direkt mit den Sportleistungen verbunden ist, entschärft werden. Manchester United beispielsweise finanziert über die Hälfte seiner Erträge aus der Kommerzialisierung der eigenen Marke.

Weshalb glaubst du, hat Swiss-Ski Potenzial zur kommerzialisierung der Marke?

Aus meiner Sicht haben wir sogar ein überproportional grosses Potenzial aufgrund der Swissness in unserer Marke.Wir tragen «Swiss» im Namen und jeder Mensch auf dieser Welt, das weiss ich von meinen früheren Tätigkeiten im Tourismus, identifiziert Winter und Schneesport mit der Schweiz – und nicht mit Österreich oder Frankreich.Wir gelten als die Pioniere des Schneesports, das ist in den Köpfen verankert und das gilt es vermehrt zu nutzen. Jeder Skifahrer und Schneesportliebhaber, der eine emotionale Bindung zum Skisport hat, könnte für uns ein potenzieller Kunde sein. Für mich ist diese Erkenntnis die Basis. Wir haben «Swiss» und «Ski» im Namen und das ist die bestmögliche Kombination, um weltweit auf Anhieb eine klare Botschaft zu vermitteln.

Kann der Verband auch schon erste Erfahrungen vorweisen?

Ja, Descente hat mit dem Verkauf der «Inspired Range», d. h. mit hochwertigen Produkten mit Swiss-Ski-Branding, in Südkorea und Japan aufgezeigt, dass Potenzial im Textil-Markt vorhanden ist. In den letzten Jahren haben sie den Durchbruch geschafft und die Produktelinie hat sich mittlerweile zu einem Statussymbol entwickelt. Gemäss Rückmeldungen von Descente verspricht sich der Koreaner von den Kleidungsstücken Qualität, Präzision und Swissness. Die Identifikation mit Swiss-Ski ist aber auch bei uns gross. Herr und Frau Schweizer kaufen gern Swiss-Ski-gebrandete Produkte, wie die jährliche T-Shirt-Aktion für unsere Mitglieder zeigt. Innerhalb von sieben Jahren wurden knapp 10 000 Swiss-Ski-Kleidungsstücke verkauft. Aufgrund der grossen Nachfrage mussten mehrere Nachproduktionen in Auftrag gegeben werden. Ein anderes Beispiel sind die Swiss-Ski-Bags, welche in einer limitierten Auflage primär unseren Skiclubs angeboten wurden. 120 der insgesamt 150 Stück waren innerhalb einer Woche verkauft.

Wichtig ist, dass die Marke Swiss-Ski künftig nicht nur für Renn-Fans greifbar ist, sondern von allen Skisportbegeisterten wahrgenommen wird.

Philippe Sproll, Direktor Marketing bei Swiss-Ski

Welche Produkte könnten künftig angeboten werden?

Hauptsächlich Kleidungsstücke. Die bestehende «Swiss-Ski Team Collection» von Descente könnte ausgebaut werden. Dies können Replicas der bestehenden Athleten-Ausrüstung ohne Sponsorenmarken sein. Zu einer möglichen Produktlinie zählen ebenfalls Lifestyle-Produkte wie Pullover, Taschen und Uhren. Sie sind für Leute gedacht, die sich stolz fühlen, die Marke Swiss-Ski zu tragen. Eine erste Auswahl von Swiss-Ski-Produkten wollen wir erst mal in der Schweiz als Markttest anbieten und in einem weiteren Schritt, falls der Rücklauf positiv ist, die Kollektion ausweiten und dann – eventuell vor Peking 2022 – auch China auf den Markt bringen. Ausserdem wollen wir, falls die ersten Massnahmen greifen, speziell für die Schweizer Fan-Gemeinschaft an den Heim-Weltcuprennen Merchandising-Artikel produzieren und verkaufen. Dazu gehören in erster Linie T-Shirts Mützen oder Brillen. Aber insgesamt gilt: Wir werden mit der nötigen Vorsicht in diese Geschäftsfelder treten, um nicht unnötige Risiken auf uns nehmen zu müssen.

Die olympischen Winterspiele in PyeongChang und jene 2022 in Peking haben in China einen staatlich angeordneten Skiboom ausgelöst. Die Regierung will aus der Ski-Industrie einen grösseren Wirtschaftszweig entwickeln. Ziel ist es, bis zu den Spielen 300 Millionen Chinesen für den Wintersport zu begeistern. Inwiefern kann nun SwissSki von diesem Boom profitieren?

Ähnlich wie in Korea besteht auch in China eine Faszination für die Schweiz und Swissmade-Produkte, was das Beispiel der Uhrenindustrie zeigt. Wenn wir die Bekanntheit unserer Marke im asiatischen Markt, dank der Welle der Begeisterung für die bevorstehenden Olympischen Spiele und die Expansion der Schneesportindustrie, weiter ausbauen können, sind wir überzeugt, dass wir grosses Potenzial haben. Die Worte «Swiss» und «Ski» sind einfach zu verstehen und bereits im asiatischen Markt etabliert.

Laut einer Studie vom Baspo 2014 war Skifahren 2008 hinter Wandern die zweitbeliebteste Sportart. Heute liegt es auf Platz vier. Wo siehst du die Gründe für den Rückgang?

Der Hauptgrund ist der kulturelle Wandel der heutigen Generation. Früher fuhr alles Ski. Heute leben viele Menschen in der Schweiz, die keinen Bezug mehr zum Schneesport haben. Der finanzielle Aufwand für den Skisport scheint vielen zu hoch zu sein und die Konkurrenz von neuen Freizeitaktivitäten boomt. Wir als Verband sehen den Rückgang der Schneesportentwicklung natürlich nicht gern. Wir sind in erster Linie zwar nicht für die Schneesportförderung tätig, unser erster Auftrag ist der sportliche Erfolg. Jedoch wird es ohne Skifahrer im Nachwuchs auch nie Spitzensportler geben. Deshalb will Swiss-Ski auch in der Schneesportförderung eine aktive Rolle übernehmen.

Wie könnte diese Rolle aussehen?

Wir möchten eine Schneesport-Offensive lancieren, welche ein Upgrade der heutigen Swiss-Ski Mitgliedschaft beinhaltet. Sie soll einen einzigartigen und unverwechselbaren Mehrwert bieten und das Referenz-Produkt für den Skifahrer in der Schweiz darstellen. Im Zentrum sollen konkrete Schneesportangebote der Destinationen unserer Veranstaltungspartner stehen. Dies können einerseits unschlagbare touristische Angebote von Bergbahnen, Hotels, Skischulen oder Sportgeschäften und anderseits exklusive Erlebnisse rund um den Wettkampfsport sein. Sie sollen von zusätzlichen schneesportorientierten Spezialprodukten seitens Sponsoren und Partner von Swiss-Ski ergänzt werden. Kernstück der Mitgliedschaft bildet eine elektronische Applikation, auf der immer die aktuellsten Angebote ersichtlich sind und die dem Member dank einer interaktiven Kommunikation Schneesport-Infos und Tipps liefert. So wollen wir eine Community bilden. Das grosse Ziel dabei ist: Die Mitgliederzahl von heute zu verdoppeln!

Das ist sportlich. Wie wollt ihr das angehen?

Wir möchten unsere Sponsoren und Partner dazu animieren, die neue, aufgewertete Swiss-Ski Mitgliedschaft aktiv ihren Kunden anzubieten. Wenn sie uns mittragen und uns mit ihrer unglaublichen Kraft bei diesem Vorhaben unterstützen, können wir grosse Resultate erreichen. Diese Aktion soll gleichzeitig sowohl den Schneesport in der Schweiz fördern als auch den Sponsoren und Partnern einen Mehrwert für ihre Kundenbindung bringen.

Welches entscheidende Ziel verfolgt ihr auf eurem Weg?

Wichtig ist, dass die Marke Swiss-Ski künftig nicht nur für Renn-Fans greifbar ist, sondern von allen Skisportbegeisterten wahrgenommen wird. Bis jetzt haben wir auf der einen Seite den Fan, der unsere Rennen mitverfolgt angesprochen ohne auf der anderen Seite den Skifahrer, der selber gern Ski fährt, sich aber nicht für die Profis interessiert zu berücksichtigen. Es heisst nun, die beiden unter der Marke Swiss-Ski zu vereinigen. Wir wollen damit eine on- und offline Swiss-Ski Community aufbauen. Nebst der zuvor erwähnten Mitgliedschafts-Gemeinschaft wollen wir ebenfalls die digitalen Schneesportfans unter der Marke Swiss-Ski vereinen. Dafür beliefern wir diese neue junge Zielgruppe mit spannenden und exklusiven digitalen Inhalten über unsere Athleten in Form von Videos, Clips und Bildern, welche wir Tag täglich produzieren und auf allen elektronischen Kanälen von Swiss-Ski, der Athleten und unseren Sponsoren und Partnern publizieren.