Am vergangenen Samstag, 14. November, ereignete sich für Swiss-Ski und den Schweizer Schneesport Historisches. Die Lenzerheide erhielt bei ihrer ersten Bewerbung den Zuschlag für die Austragung der Biathlon-Weltmeisterschaften 2025. Erstmals seit der Gründung der Internationalen Biathlon-Union (IBU) werden somit Elite-Titelkämpfe in der Schweiz ausgetragen.
Urs Lehmann, wie ist deine Gefühlslage mit ein bisschen Abstand zum Samstagabend, als die Schweizer Kandidatur mit Lenzerheide den Zuschlag für die Durchführung der Biathlon-Weltmeisterschaften 2025 erhalten hat?
Die Freude über diesen Erfolg ist nach wie vor enorm. Gemeinsam mit der Biathlon Arena Lenzerheide realisierten wir in etwas mehr als einem halben Jahr etwas, was für einen Neuling auf dieser Stufe eigentlich gar nicht zu realisieren ist in solch kurzer Zeit. Normalerweise ist für eine WM-Bewerbung in dieser Kategorie ein jahrelanger Vorlauf nötig. Wir konnten die IBU davon überzeugen, dass wir ein hervorragendes Dossier haben, und wollen ein wichtiger Teil des internationalen Biathlons werden. Die Durchführung der WM in etwas mehr als vier Jahren ist ein weiterer ganz grosser Schritt hierzu.
Welches sind nun die grössten Herausforderungen?
Zahlreiche temporäre Bauten neben der eigentlichen Infrastruktur müssen erstellt werden. Selbstverständlich sind auch die Finanzen ein Thema. Das Organisationsbudget für den Anlass beträgt rund 14 Millionen Franken. Zusammen mit den Investitionen in die Infrastruktur betragen die Kosten zirka 25 bis 30 Millionen Franken. Wir werden auch auf Gelder des Bundes und des Kantons Graubünden angewiesen sein, dies ist bei einem Anlass von dieser Tragweite – mit immenser Wertschöpfung für die Region – ein normaler Vorgang.
Welche Bedeutung haben die Weltmeisterschaften 2025 für den Schweizer Biathlonsport?
Weltmeisterschaften im eigenen Land haben generell eine sehr grosse Bedeutung und können enorm viel auslösen. Als Beispiel ziehe ich jeweils gerne die alpine Ski-WM 2017 in St. Moritz heran. Das Ziel ist, auch in Lenzerheide einen Anlass mit Leuchtturm-Funktion für den Schweizer Biathlonsport zu veranstalten. Grossevents sind für einen Verband wie Swiss-Ski wichtig, grosse Bedeutung haben sie aber insbesondere auch für die Sportlerinnen und Sportler und die Sportart an und für sich. Biathlon wird hierzulande einen enormen Schub erhalten, der mit nichts Vorherigem vergleichbar ist. Die WM 2025 durchführen zu dürfen, ist unbezahlbar für die Zukunft dieser Sportart in der Schweiz.
Die Schweiz erfährt international ein hohes Ansehen als zentral in den Alpen gelegenes Land mit einem guten Vermarktungspotenzial.
Die Weltmeisterschaften 2025 sollen aber nicht der einzige Biathlon-Grossevent in der Schweiz bleiben.
Richtig, denn die Durchführung der Biathlon-Weltmeisterschaften darf man nicht isoliert betrachten. Unser ursprüngliches Ziel ist es, Weltcup-Events in Lenzerheide – mit der vorhandenen tollen Infrastruktur und dem engagierten Team im Hintergrund – durchzuführen. Auf dem Weg dahin hat sich die einmalige Chance für die Durchführung der WM 2025 ergeben. Unser Ziel ist klar: Neben dieser WM wollen wir künftig regelmässig Weltcup-Events in der Schweiz haben. Die Schweiz erfährt international ein hohes Ansehen als zentral in den Alpen gelegenes Land mit einem guten Vermarktungspotenzial.
Wie beurteilst du generell die Entwicklung des Schweizer Biathlons?
Der eingeschlagene Weg stimmt. Wir haben im vergangenen Jahr auf Stufe Weltcup fünf Podestplätze errungen – so viele wie nie zuvor. Im letzten Weltcup-Winter lief die Frauen Staffel gleich dreimal aufs Podest und beendete den Staffel-Weltcup im 2. Rang hinter Norwegen. Von unten stossen einige hoffnungsvolle Talente nach, die an Nachwuchs-Weltmeisterschaften auch schon Titel und Medaillen errungen haben. Wichtig ist, dass viele Langlaufklubs in der Schweiz mittlerweile auch Biathlon anbieten. Ein Problem allerdings ist die mangelhafte Biathlon-Verbreitung in der Romandie. Hier gibt es für uns noch viel Nachholbedarf. Dass Biathlon ab 2021 beim Kindersport eine Aufwertung erfährt, ist erfreulich und längst notwendig. Erstmals wird Biathlon auch als Jugend- und Sportdisziplin angeboten, damit erhoffen wir uns nochmals eine deutliche Zunahme der Basis.
