Dem Druck widerstehen

Zurück
Swiss-Ski

Das junge Schweizer Aerials-Team hat in den letzten zwei Saisons einen beispiellosen Aufstieg hingelegt. Trotz der vielen Erfolge gilt es für die Skiakrobaten im Weltcup-Winter ein Jahr vor den Olympischen Spielen Ruhe zu bewahren.

Der Ausruf der "jungen Wilden" erlebt im Sport gerade eine Renaissance. Die Mannschaft des FC St. Gallen ist das Team der "jungen Wilden", ebenso Borussia Dortmund, und mit NFL-Quarterback Pat Mahomes hat ein "junger Wilder" die Kansas City Chiefs letzte Saison zur Super Bowl geführt. Wer die Berichterstattung über diese Mannschaften und Sportler verfolgt, erhält den Eindruck, dass wer jung und ein erfolgreicher Athlet ist, auch wild und unkontrolliert sein muss. Das Schweizer Aerials-Team darf diesbezüglich als Antithese verstanden werden.

Die beiden erfolgreichsten Schweizer Skiakrobaten der letzten Saison, Noé Roth und Pirmin Werner, haben Jahrgang 2000, sind per Definition jung – und doch kontrolliert. Zumindest was ihren Sport betrifft. Wie gut die Kombination aus jung und extrem fokussiert funktioniert, zeigten Roth und Werner in der letzten Saison eindrücklich. Roth sicherte sich den Gesamtsieg im Weltcup, Werner wurde als Gesamt-Vierter zum Rookie des Jahres ernannt. «Das war gewaltig», sagt Nationalcoach Michel Roth vor dem Start in die neue Weltcup-Saison am Freitag im finnischen Ruka.

Trotz der Erfolgsgeschichte der letzten zwei Jahre glaubt der 57-jährige Chef nicht, dass seine Schützlinge in der neuen Saison bereits die Gejagten sind. «Aber die anderen Teams müssen nun auf uns schauen. Dafür haben wir jahrelang gekämpft», so der Vater des Weltcup-Gesamtsiegers. Sein Team soll an dem Gezeigten der letzten Saison anknüpfen, ohne sich zu viel Druck aufzuladen. Auch wenn es in dieser Saison eigentlich viel zu gewinnen oder verlieren gegeben hätte.

An der für Februar geplanten Freestyle-WM in China wäre für das Schweizer Mixed-Team eine Goldmedaille zu verteidigen gewesen. Für Noé Roth, der vor zwei Jahren in Deer Valley im US-Bundesstaat Utah überragend sprang, ginge es zudem um die Bestätigung seiner WM-Bronzemedaille im Einzel. Der Mittwoch machte viele Planspiele für diese Saison nämlich zunichte. Denn die Titelkämpfe in China werden nicht stattfinden können, wie die FIS in einem Communiqué verlauten liess. Grund für die Absage ist die restriktive Anti-Corona-Politik der chinesischen Regierung.

Wie viele andere Athleten kommen damit auch die Ski-Freestyler um die Olympia-Hauptprobe. Ihnen bietet der ausgedünnte Kalender die Möglichkeit, weiter ohne grossen Druck am Aufstieg zu feilen. Während die Arbeit bei den Männern bereits Früchte trug, hofft Michel Roth bei den Frauen noch auf weiteren Fortschritt. «Wir haben eindeutig Fortschritte gemacht. Die Basissprünge sind besser geworden», so Roth. Er sei zufrieden, auch wenn noch einige Arbeit zu tun sei. Die "jungen Kontrollierten" sind im Aufwind.